Dienstag, 27. November 2018

Licht im Zwischenraum

Die Tür einen Spalt offen lassen.
Das Licht vom Flur scheint etwas rein.
So ist es nicht komplett dunkel.
Licht im Zwischenraum.
Wer ein Kind zu Bett gebracht hat, weiß,
wie wichtig das ist.

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen. (Lukas 12,35)
So heißt es diese Zwischenwoche.
Diese Woche zwischen Ende und Anfang.
Zwischen Ewigkeit und Ankunft.
Zwischen Tod und Advent.

Die Tür einen Spalt offen lassen.
Das Licht vom Advent scheint herein.
Licht im Zwischenraum.
Wissen, da kommt noch was.
Und was da kommt, ist gut.
Ist not-wendig.

Vielleicht hält mich dieses Licht wach,
Weil ich gerade wach sein muss.
Vielleicht lässt es mich auch ruhig schlafen,
Weil erholt sein genauso not-wendig ist.

Lass das Licht scheinen.
Licht im Zwischenraum.
Sei bereit für das, was kommt.
Und was da kommt, ist gut.

Montag, 26. November 2018

Zu (wenig) mutig?

Theologischer Impuls zum PERSPEKTIVWECHSEL unter dem Motto "Zu (wenig) mutig? Über den Umgang mit Risiken"

(Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer*innen Württemberg bat mich um diesen Impuls am 20.11.2018)

I.
Vor 4,5 Jahren stand ich auf einem Übertragungswagen in Pforzheim.
23. Februar - der Gedenktag zur Zerstörung Pforzheims am Ende des Krieges.
Ein Tag, der - wie in Dresden - auch von Rechtsextremen missbraucht wird.
(Und seit Jahren gibt es in der Stadt Streit darüber, wie man dem begegnen soll:
gar nicht im Sinne des „stillen Gedenkens“ und sie einfach machen lassen
oder doch durch Protest?)
Vor 4,5 Jahren demonstrierten gegen diese Rechten friedlich mehrere 100 Menschen.
Und vor diesen Demonstrierenden hielt ich eine Rede.

Neben vielen anderen Worten sprach ich auch folgende:
„Pforzheim war keine unschuldige Stadt.“
Im Grunde war dieser Halbsatz trivial.
Und natürlich stand er nicht für sich,
sondern in einem Zusammenhang,
wo es um die Vorgeschichte zur Bombardierung ging,
die eben auch dazu gehört,
wenn man auf diese Katastrophe für Pforzheim und die vielen Zivilisten sieht,
die dabei unschuldig ums Leben kamen.
Aber dieser Satz „Pforzheim war keine unschuldige Stadt“ klebt seitdem an mir
und lässt mich nicht mehr los.
Mir war zwar vorher klar:
Ich mache mich unbeliebt. Viele wollen das nicht hören.
Aber ich hätte nicht geglaubt, dass dieser Satz tatsächlich ein Skandal sein würde
und mich deswegen viele in die Wüste schicken wollen, zumindest raus aus Pforzheim.

Zu mutig? War ich zu mutig gewesen?

II.
Ich habe es nie als Mut empfunden, auf diesem Übertragungswagen zu stehen.
Ich empfinde es auch nicht als mutig,
wenn ich predige und dabei auch deutliche Worte finde.
Ich tu es ja auch nicht, weil mir das besonderen Spaß macht
(oder weil es mir einen Kick gäbe - auch wenn mir das unterstellt wird).
Nein, ich tu es, weil ich ein Amt habe. Eine Verantwortung.
Und in dieser Verantwortung muss ich auch klar benennen und bekennen,
was evangelische Überzeugung ist.

Wo Menschen für minderwertig gehalten werden, muss ich laut Stop sagen.
Wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden,
Wo Hass statt Nächstenliebe propagiert wird,
Wo Andersdenkende, Andersglaubende und Andersliebende diffamiert werden,
Muss ich einschreiten - mit Hilfe dessen, was ich kann: Mit dem Wort.
Die von Gott geschenkte Menschenwürde hat immer Vorrang -
auch vor meinem eigenen Kleingeist und Kleinmut.

Wenn ich darum was sage, empfinde ich das nicht als mutig,
sondern als meine Verantwortung für die Gesellschaft.
Vielleicht ist es tatsächlich einfach das, was jetzt sein muss.
Eine innere oder äußere Notwendigkeit, die mich dazu nötigt.
Ich tu etwas, von dem ich weiß, dass die Konsequenzen unangenehm sein können.
Für mich. Und vielleicht auch für andere.
Aber ich weiß, dass ich nicht anders kann,
wenn ich meine Grundüberzeugungen nicht verraten will.

Ist das wirklich mutig? Oder eher die Angst, zu wenig mutig zu sein?

III.
Vor 73 Jahren, im Oktober 1945, wurde (hier in Stuttgart)
die Stuttgarter Schulderklärung der Evangelischen Kirche in Deutschland abgegeben.
Anlass war der Besuch einer Delegation des Ökumenischen Rats der Kirchen.
Vieles in dieser Erklärung ist noch unscharf.
Die eigene Verflechtung in das Nazi-Reich konnte man da noch nicht wirklich zugeben.
Aber ein Meilenstein war folgender Satz:
„Wir klagen uns an,
daß wir nicht mutiger bekannt,
nicht treuer gebetet,
nicht fröhlicher geglaubt
und nicht brennender geliebt haben“


Dass wir nicht mutiger bekannt haben.…
Dieser Satz hat sich mir eingeprägt wie kaum ein anderer.
Nicht mutig genug bekannt...
Ja, im 3.Reich war es wirklich mutig, sich vor die verfolgten Juden zu stellen.
Es konnte das eigene Leben kosten.
Aber es gab sie: die mutigen Menschen.
Wir kennen auch ihre Namen:
die Geschwister Scholl, Dietrich Bonhoeffer, Martin Niemöller.
Und viele Namen kennen wir auch nicht.
Aber es gab sie.
Und darum ist es auch ein Affront gegen diese mutigen Menschen,
wenn man immer noch behauptet, dass man damals ja nicht anders konnte.
Doch. Man konnte.
Es fehlte aber den meisten, die das Unrecht erkannten, der Mut.
Auch unseren Kirchen.

Mut ist immer mit Angst verbunden. Sonst wäre es kein Mut.
Mut brauche ich dann, wenn es mich was kosten könnte.
Meinen Ruf. Meine Autorität. Mein Amt. Meine Macht. Mein Geld. Mein Leben.
Aber es gibt Situationen, da ist dann Mut gefragt.

IV.
In so einer Situation befindet sich Esther.
Ein ganzes Buch ist ihr in der Bibel gewidmet.
Esther hat eine Traumkarriere* hinter sich:
Geboren als Angehörige der jüdischen Exil­gemeinde in Persien,
wächst sie im Haushalt ihres Onkels auf.
Eine königliche Misswahl, die die neue Königin des persischen Königs küren sollte,
verschafft ihr einen „Beauty­Aufenthalt“ im Palast.
Sie sticht  alle Konkurrentinnen aus und wird persische Königin,
verschweigt jedoch ihren Migrations­hintergrund.
Später erfährt sie von einer Intrige gegen ihre Glaubensgeschwister:
Die jüdischen Exilanten werden beschuldigt,
die persische Leitkultur zu untergraben und die Einheit des Reiches zu gefährden.
Ein Pogrom steht bevor.

Nun ist Esther gefordert:
würde sie weiterhin schweigen
oder endlich ihren Mund auftun?
Ester tut ihren Mund auf.
Damit riskiert sie ihren eigenen Tod.
Aber sie gewinnt das Ver­trauen des Königs und verhindert den Pogrom.
Bis heute feiern Jüdinnen und Juden am Purimfest
das Geden­ken an Esters mutigen Einsatz.

Esther hätte sich gemütlich zurücklehnen können.
Aber sie tut es nicht.
Sie scheint die richtige Frau am richtigen Platz zu sein.
Und so fühlt sie sich verantwortlich für das Schicksal der Gefährdeten.
Sie sind ihr nicht egal.
Sie tut das, was not-wendig ist.

V.
Ja, es gibt Situationen, da ist dann Mut gefragt.

Ich möchte Ihnen noch von Hananias erzählen.
Wir lesen von ihm in der Apostelgeschichte (Kapitel 9).
Er lebt in Damaskus und soll eines Tages zum frisch erblindeten Saulus gehen:
bis dato vehementer Chris­tenverfolger.
Er soll in dasselbe Haus gehen.
Im selben Raum mit diesem Menschen sein,
der bis dahin Leute wie ihn gehasst hat.
Hananias soll diesem Saulus gegenüber treten.
Ihm nahe kommen. Ihm die Hand auf den Kopf legen, ihn segnen.
Und nach langem Zögern tut er es.
Hätte ich das auch gekonnt?

Ich weiß es nicht.
Aber ich wünsche es mir.
Denn aus solchen Begegnungen entsteht Neues, Bahnbrechendes.
Nur so geschieht Veränderung.
Und aus dem Verfolger wird ein Liebender.

VI.
Zu mutig? Zu wenig mutig?
Das wissen wir meistens erst hinterher.
„Fürchte dich nicht“ ist einer der häufigsten Sätze der Bibel.
Und einer ihrer Schlüsselsätze.
In einer Zeit, wo Ängste populistisch ausgenutzt und hochgepuscht werden,
ist dieser Satz besonders wichtig.

„Fürchte dich nicht.“
Das ist keine Zauberformel,
aber ein Gegen-Satz gegen alles, was mich kleinmütig macht.
Fürchte dich nicht. Egal was passiert, ich bin bei dir.
Wenn du dich zu schwach fühlst, bin ich bei dir.
Und wenn du dich was traust, bin ich auch bei dir.
Darum: Habe den Mut, das zu tun, was gerade richtig ist.

Gerade heute brauchen wir mutige Menschen.
Mutige Menschen sind keine Superhelden.
Sie sind auch zaghaft.
Manchmal haben auch sie zu wenig Kraft, um mutig zu sein.
Und auch sie sind voller Angst.
Aber sie lassen sich von dieser Angst nicht leiten.
Und halten sich an diesem „Fürchte dich nicht“ fest.

Irgendwann ist dann da dieser Moment, worauf es ankommt.
Dann wissen die Gotteskinder, dass sie sich nicht wegducken dürfen.
Menschen wie Esther und Hananias,
Wie die Geschwister Scholl und Dietrich Bonhoeffer. Wie Sie und ich.
Und wenn es nur 5 Worte auf einem Übertragungswagen sind.
Oder die segnende Hand auf dem Kopf des Verfolgers.

Unsere Welt braucht unseren Mut. Den kleinen und den großen.
Sie braucht uns.
Wie gut, dass wir da sind.




* Einige Formulierungen hierzu habe ich mir geliehen von einer Materialsammlung von "Kirche hoch 2", die mir freundlicherweise schon gezeigt wurden, obwohl sie noch nicht veröffentlicht sind.

Sonntag, 4. November 2018

David und mein Herz - Gott wählt anders

Predigt zu 1. Samuel 16*
(In diesem Gottesdienst wurde ein kleines Mädchen getauft (ihren Namen habe ich mit G. abgekürzt). Ihr Taufspruch ist 1.Samuel 16,7b (kommt in der Predigt mehrmals vor))

I.
Muskeln spielen lassen. Große Töne spucken.
Zeigen, wo der Hammer hängt.
Der eine zeigt sich mit muskulösem Oberkörper auf einem Pferd in der Wildnis.
Fehlt nur noch der erlegte Bär.
Der andere schickt seine Armee an die Grenze nach Mexiko.
Säbelrasseln gegen Flüchtlinge aus Mittelamerika.
Er hat auch kein Problem damit, Frauen zu begrabschen.
Der dritte wirft Journalisten ins Gefängnis.
Der vierte will Waffen an alle verteilen.
Diese Sorte von Männern hat gerade Hochkonjunktur in der Politik. 
Markige Sprüche werden bejubelt.
Lügen beiseite gewischt.

In der Bibel gibt es auch diese harten Männer und starken Kerle.
Samson, Josua, Saul und wie sie alle heißen.
Und selbst David wird als Heeresführer gepriesen,
Mutig und unerschrocken im Kampf.

Aber es gibt auch die anderen Töne. 
Gott sei Dank.

Ein Mensch sieht, was vor Augen ist;
der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16,7b)


II.
Da hat einer rote Haare, schöne Augen und ist noch eher schmächtig.
Er hütet die Schafe.
Die wirklich großen Dinge machen die anderen Brüder.
Ihn hat niemand im Blick. Noch nicht mal der eigene Vater.
Warum eigentlich nicht?
Ist er noch zu jung? Zu zart besaitet?
Ein Träumer, ein Musiker, ein Dichter - so einer kann kein Land führen.
Denkt man wohl.
Da braucht man harte Männer, die über Leichen gehen können.
Denken auch heute wieder viele.
Da passt eine Frau wie Angela Merkel nicht ins Bild.
Und so ein junger, rothaariger, Harfe spielender Hirte schon gar nicht.

Auch ich habe meine Bilder für die, denen ich vertrauen kann
oder eben auch nicht.
Ein Cowboy in der russischen Steppe gibt den einen ein Gefühl der Sicherheit,
mir macht er eher Angst.
Oder auch der andere, der sich selbst für den Größten hält:
Die einen glauben ihm.
Ich kann ihm gar nichts mehr glauben.
Aber vor allem ins Herz kann ich weder ihm noch dem anderen schauen.
Ich sehe und höre nur, was außen ist.

Und aus eigener Erfahrung weiß ich auch:
Was ich durch Presse und Fernsehen über einen anderen erfahre,
ist immer nur ein kleiner Ausschnitt.
Und doch stellen sich mir die Nackenhaare auf,
wenn ein politisch Verantwortlicher Flüchtlinge kriminalisiert
und verächtlich über Frauen spricht
Oder ein anderer seinen schwulen Sohn lieber tot sehen möchte.
Überhaupt diese Neigung, sich selbst groß zu machen,
indem man auf andere tritt, als ob sie Ungeziefer seien.
Da kann ich nicht mehr vertrauen

Wie gefährlich das ist, ist bekannt.
Da werden Menschen durch Lügen und Unwahrheiten bloßgestellt. 
Oder noch schlimmer:
Ihnen wird die Würde geraubt.
Sie werden gar nicht mehr als Menschen gesehen.
Sondern nur noch als Feinde,
derer man sich entledigen muss.
Es geht so leicht, uns zu blenden.
Wie damals vor 80 Jahren - da waren die Herzen kalt.
Auch die Herzen der meisten Christen.

Ein Mensch sieht, was vor Augen ist;
der Herr aber sieht das Herz an.


III.
Der Prophet Samuel hätte jemand anderen zum König gesalbt.
Selbst ein Prophet kann mal daneben liegen und sich blenden lassen.
Aber etwas hat ihn anders hinsehen lassen.
Die Stimme Gottes in ihm vielleicht.
Eine Stimme, die in jedem Menschen anders klingt.
Und vielleicht doch dasselbe sagt:
Schau nicht auf das Äußere, schau das Herz an.
Und höre auf dein Herz.

Mein Herz.
Es schlägt da in meinem Körper.
Pumpt Blut durch die Adern.
Hält mich am Leben.
Es schlägt und schlägt und pumpt und pumpt.
Es kann ängstlich sein und aufgeregt.
Müde kann es sein und weh tun.
Ich stelle mir vor, wie Gott mein Herz in seine Hand nimmt,
Und er weiß, wie es um mich bestellt ist.
Meine Angst, nicht perfekt genug zu sein.
Meine Freude über ein wunderbares Musikstück.
Meine Hoffnung, dass mir die Midterm-Wahlen in den USA
ein anderes Amerika zeigen.
Alles das sieht Gott
und so viel mehr, was ganz tief in meinem Herzen verschlossen ist.
Meine Zweifel, Träume, meine Scham - 
in diesem manchmal so starken und manchmal so schwachen Herzen.
Gott schaut das alles liebevoll an.
Und wärmt es mit seinem Blick.
Und er sieht auch die Möglichkeiten, die ich noch nicht sehe.
Das, was ich ändern kann.
Und ich muss nicht mehr so tun als ob, sondern kann ganz ich sein.

IV.
Ein Mensch sieht, was vor Augen ist;
der Herr aber sieht das Herz an.


Liebe Eltern von G.,
Auch ihr glaubt, dass Gott liebevoll auf das Herz von Greta schaut.
Darum lasst ihr sie taufen.
Gott hat euch G. anvertraut.
Und ihr Herz legt ihr ihm in die Hände.
Weil Gott sie liebt, wie ihr sie liebt.
Und weil ihr wisst,
dass diese Liebe in einer Welt des Augenscheins unendlich wertvoll ist.

Auch G.s Herz wird mal mutlos sein.
Oder wild schlagen.
Auch G.s Herz wird voller Zweifel sein -
an sich selbst oder auch an dieser manchmal so herzlosen Welt.

Aber dann ist da diese Zusage von Gott:
Ich schaue dein Herz an. Ich weiß, wie es dir geht.
Du bist und bleibst mein geliebtes Kind.
Und ich sehe, was noch alles so da ist:
Deine Liebe. Dein Mut.
Deine Lebensfreude.
Eben du. Ganz du.

V.
Ein Mensch sieht, was vor Augen ist;
der Herr aber sieht das Herz an.


Was hat Gott wohl bei David gesehen?
Hat er auch gesehen,
dass David mal so richtig intrigant einen Mann umbringen lassen würde,
nur damit er selber gut da steht?
Hat er gesehen, wie kaltblütig David sein kann?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das nicht gesehen hat.
Und trotzdem scheint ihm das viele andere wichtiger zu sein:
David, der junge Mann, der sich nicht zu schade ist, Schafe zu hüten.
Mit seiner Musik kann er die Seele eines verbitterten Königs beruhigen.
Er kann damit Frieden stiften.
Und selbst als mächtiger Mann kennt dieser David Mitleid.
Weint um sein totes Kind und um seinen toten Freund.
Ja, auch als Gesalbter ist David kein unfehlbarer Mensch.
Er macht Fehler. Schwere Fehler.
Aber er ist auch fähig, diese Fehler zuzugeben.
Selbst wenn es ihm schwer fällt.

Gott sieht dieses Herz von David an
und er sieht, dass er da einen ganz normalen Menschen vor sich hat,
Mit Potential - würde man heute sagen.
Er sieht, was gut ist und darauf vertraut er.
Und er weiß auch, dass David vieles nicht gut machen wird.
Dennoch lässt er ihn nicht fallen.

VI.
Ein Mensch sieht, was vor Augen ist;
der Herr aber sieht das Herz an.


Gott lässt sich nicht blenden.
Und er setzt andere Maßstäbe an.
Nicht die der skrupellosen Macht
und nicht die der augenscheinlich starken Männer.
Markige Parolen, nationalistisches Gedröhn,
Säbelrasseln und selbstverliebte Überheblichkeit,
alles das sind keine Eigenschaften, die Gott mag.
Denn sie sind nur möglich mit kaltem Herzen.
Mit einer Kälte, die Menschenleben in Kauf nimmt
um der eigenen Macht willen.
Gott wählt anders.
Gott wählt die „weichen“ Seiten des Lebens,
Er wählt das, was das Herz erwärmt:
Die Musik. Das Hüten. Die Liebe zum Leben.
Ein Lied. Ein Gedicht. 
Und ehrliches tiefes Vertrauen.

Wir taufen gleich die kleine G..
Wir vertrauen ihr Herz dem liebevollen Blick Gottes an.
Und hoffen, dass sie ihr Herz immer gut geborgen weiß.

In dieser Welt brauchen wir diese zarten und kleinen schlagenden Herzen.
Die führen uns vor Augen,
dass es auf die herzenswarmen Seiten des Lebens
ankommt.
Nur mit ihnen geht Leben.
Nur mit liebendem Herzen.
Amen.

* aus 1.Samuel 16:
Der Herr sprach zu Samuel:   (…) Fülle dein Horn mit Öl und geh hin:
Ich will dich senden zu dem Bethlehemiter Isai;
denn unter seinen Söhnen hab ich mir einen zum König ersehen.

Samuel aber sprach:
Wie kann ich hingehen? Saul wird's erfahren und mich töten.
Der Herr sprach: Nimm eine junge Kuh mit dir und sprich:
Ich bin gekommen, dem Herrn zu opfern.
Und du sollst Isai zum Opfer laden.
Da will ich dich wissen lassen, was du tun sollst,
dass du mir den salbst, den ich dir nennen werde.

Samuel tat, wie ihm der Herr gesagt hatte, und kam nach Bethlehem. (…)
Und er heiligte den Isai und seine Söhne und lud sie zum Opfer.

Als sie nun kamen, sah er den Eliab an und dachte:
Fürwahr, da steht vor dem Herrn sein Gesalbter.
Aber der Herr sprach zu Samuel:
Sieh nicht an sein Aussehen und seinen hohen Wuchs; ich habe ihn verworfen.
Denn es ist nicht so, wie ein Mensch es sieht:
Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an.

Da rief Isai den Abinadab und ließ ihn an Samuel vorübergehen.
Und er sprach: Auch diesen hat der Herr nicht erwählt. (…)
So ließ Isai seine sieben Söhne an Samuel vorübergehen;
aber Samuel sprach zu Isai: Der Herr hat keinen von ihnen erwählt.

Und Samuel sprach zu Isai: Sind das alle deine Söhne?
Er aber sprach: Es ist noch übrig der jüngste; und siehe, er hütet die Schafe.
Da sprach Samuel zu Isai: Sende hin und lass ihn holen;
denn wir werden uns nicht niedersetzen, bis er hierhergekommen ist.

Da sandte er hin und ließ ihn holen.
Und er war rothaarig, mit schönen Augen und von guter Gestalt.
Und der Herr sprach: Auf, salbe ihn, denn der ist's.
Da nahm Samuel sein Ölhorn und salbte ihn mitten unter seinen Brüdern.
Und der Geist des Herrn geriet über David von dem Tag an und weiterhin.
Samuel aber machte sich auf und ging nach Rama.

Der Geist des Herrn aber wich von Saul, und ein böser Geist vom Herrn verstörte ihn.
Da sprachen die Knechte Sauls zu ihm:
Siehe, ein böser Geist von Gott verstört dich.
Unser Herr befehle uns nun, dass wir einen Mann suchen, der auf der Harfe gut spielen kann,
damit, wenn der böse Geist Gottes über dich kommt,
er mit seiner Hand darauf spiele, und es besser mit dir werde.

Da sprach Saul zu seinen Knechten:
Seht nach einem Mann, der des Saitenspiels kundig ist, und bringt ihn zu mir.
Da antwortete einer der jungen Männer und sprach:
Ich habe gesehen einen Sohn Isais, des Bethlehemiters,
der ist des Saitenspiels kundig,   ein tapferer Mann und tüchtig zum Kampf,
verständig in seinen Reden und schön, und der Herr ist mit ihm.

Da sandte Saul Boten zu Isai und ließ ihm sagen:
Sende deinen Sohn David zu mir, der bei den Schafen ist. (…)
So kam David zu Saul und diente ihm. (….)

Wenn nun der Geist Gottes über Saul kam, nahm David die Harfe
und spielte darauf mit seiner Hand.
So erquickte sich Saul, und es ward besser mit ihm, und der böse Geist wich von ihm.