Heute
ist Gründonnerstag. Normalerweise würden wir heute Abend in unseren
Kirchen Abendmahl feiern - in Erinnerung daran, wie Jesus mit seinen
Freunden und Freundinnen am Abend vor seinem Tod das letzte Mahl
zusammen war. „Normalerweise“ - aber dieses Jahr ist nichts normal,
sondern alles anders. Und viele sind traurig, dass sie in diesen Tagen
keine Gottesdienste in ihren Kirchen feiern können. Viele haben auch Angst vor dem Alleinsein.
Heute ist Gründonnerstag. Und: heute vor 75 Jahren wurde Dietrich
Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg von den Nazis
hingerichtet. Viele Monate war er im Gefängnis gewesen, weil er am
Widerstand gegen die Nazis teilgenommen hat. Auch er litt unter
Einsamkeit und Angst – abgeschnitten von lieben Menschen, von der
Gemeinschaft mit anderen, vom Leben überhaupt. „Unruhig, sehnsüchtig,
krank, wie ein Vogel im Käfig“ – so beschreibt er seinen Zustand in
einem Gedicht: „hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,
dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe.“
Farben,
Blumen, Vogelstimmen, Frühlingsdüfte – im Gegensatz zu Dietrich
Bonhoeffer können wir sie wahrnehmen in diesen Tagen. Trotz Corona,
trotz aller Einschränkungen. Gott sei Dank! Aber unruhig und sehnsüchtig
sind viele von uns jetzt auch.
Auch ich sehne mich nach guten Worten
und menschlicher Nähe. Gerade jetzt wo der Frühling da ist, möchte ich
in Straßencafés sitzen, will Menschen, die ich mag, umarmen und das
Leben spüren.
„Du, die Eltern, Ihr alle, die Freunde […] seid
mir immer ganz gegenwärtig.“ Das schrieb Bonhoeffer aus dem Gefängnis an
seine Verlobte, Maria Wedemeyer. Auch hinter den dicksten
Gefängnismauern fühlte er sich verbunden mit seinen Liebsten. Ich lebe
nicht im Gefängnis, aber die Verbundenheit mit euch tut auch mir gut - gerade
jetzt.
Ja, ich bin mit euch verbunden. Und mit Jesus. Heute,
am Gründonnerstag, und die kommenden „Heiligen Tage“ sogar ganz
besonders.
Ich werde heute abend mit Freund*innen per zoom
zusammensitzen, das Brot brechen, einen Schluck Wein trinken und die
Worte hören, die davon erzählen, wie Jesus dieses Brot brach. Und er
sitzt an meinem Tisch und an dem meiner Freund*innen auch.
Morgen suche
ich mir eine stille Stunde und werde daran denken, wie einsam Jesus am
Kreuz starb und wie seine Freundinnen und seine Mutter um ihn weinten.
Und ich weiß, er ist ganz nah bei mir - in meinen Tränen.
Und am
Ostermorgen zünde ich mir das Osterlicht an, lausche auf die Glocken und
singe „Christ ist erstanden“ - vielleicht gehe ich zum Sonnenaufgang
auch auf den Wallberg.
Und ich weiß: Jesus ist auch dann ganz nah bei
mir - in meiner Hoffnung, dass Gott stärker ist als der Tod. Oder wie
Bonhoeffer es sagt: „ Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem
Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“
So wird es sein.
(leicht verändert so auch heute im Pforzheimer Kurier abgedruckt)
Danke für diesen Beitrag! Ich erlebe diese Tage auch besonders intensiv. Und das letzte Bonhoeffer-Zitat passt ganz besonders gut in diese Zeit.
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