Mittwoch, 25. Dezember 2024

Der Anfang ist gemacht



Von Anfängen,
dem einen Wort und von Gotteskindern

Predigt zu Johannes 1 am Weihnachtsmorgen

1.
Im Anfang war das Wort.

Der Tag ist noch müde. Der Weihnachtsmorgen nach dem heiligen Abend. Geschenkpapier liegt noch herum, die Kerzen am Baum heruntergebrannt. Der Geruch vom abendlichen Raclette vermischt sich mit dem nach Wachs und Nordtanne. Die Weingläser stehen noch auf dem Tisch. Und die anderen schlafen.
Aber du bist wach. Machst dir einen Kaffee und sein Duft vermischt sich mit dem von Raclette und Nordtanne und Wachs und etwas Zweifel ist auch dabei.
Es ist ruhig. Am Anfang.
 
Und du gehst vor die Tür. Ganz am Anfang ist die Luft klar.  Sie riecht nach Morgenregen und nach Erde. Der Himmel ist so dunkelblau, dass man den Morgenstern noch sieht. Am Rand aber ist er hellblau und schimmert gold. Und dann kommt die Sonne an. Ein riesengroßer flacher Ball. Und siehe, es ist sehr gut.
 
Die Schöpfung weiß, was am Anfang zu tun ist. Wenn es Tag wird.  Wenn ein Same aufgeht und der Regen die Luft sauber gewaschen hat.
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.  Und Regen und Tag und Nacht und Sonne und das Licht. Der Anfang ist ein Raum und in dem ist alles da und doch noch im Werden. So vieles, was entstehen kann und so vieles, das vergehen wird. Im Anfang ist beides da: Werden und Vergehen, Beginn und Ende. A und O.
 
2.
Am Anfang.
Am Anfang ist das Licht mild. Das Licht vom Weihnachtsmorgen.
Die Welt sieht anders aus in diesem Licht. Du siehst das Gute.
Das Wahre. Das Versöhnliche auch.
Du siehst das, was du sonst übersiehst.
Den kleinen Tropfen auf der Fensterscheibe in Regenbogenfarben.
Die Christrose zwischen Laub.
Den Herrnhuter Stern im Türeingang.
Du siehst, wie schön die Falten deiner alten Nachbarin sind. Sie haben so viel zu erzählen.
Du siehst die Rose auf dem Grab, die irgendjemand dorthin gelegt hat.
Und du siehst vielleicht, wie jemand frierend an der Bushaltestelle wartet
und nimmst ihn in deinem Auto mit.
 
Am Anfang sind deine Augen klarer als sonst.
Und zugleich siehst du, dass du nicht alles auf Anfang setzen kannst.
Aber du bist Teil davon. Mittendrin im Anfang, in den sich der Zweifel gemischt hat.
Und zugleich voller Sehnsucht nach diesen hellen Anfängen.
 
3.
Am Anfang.
Am Anfang ist die Liebe.
Und mit deinem dampfenden Kaffee in der Hand erinnerst du dich, wie du nur an ihn denken konntest und dabei vergessen hast, welcher Tag ist. Leicht und unbeschwert war sie, diese Liebe. Da zählte nicht, was die anderen sagten. Nur die zarte Berührung. Die Sehnsucht und der Blick in die strahlenden Augen.
Am Anfang war der Name, als du ihn das erste Mal sagtest.
Am Anfang war die Fahrradfahrt in der Nacht und die Gespräche im Café.
Am Anfang war eine Strähne, die ins Gesicht fiel und stundenlange Telefonate.
Am Anfang war der Arm, die Hand und ein pochendes Herz. Verstehen ohne Erklären.
Ganzsein. Ganz und gar. Ein Leib. Ein Fleisch.
 
Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott, 
und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott. 
Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht,  
und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
In ihm war das Leben,
und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht scheint in der Finsternis,
und die Finsternis hat's nicht ergriffen.
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.

 
Am Anfang war die Liebe und die Liebe wird Leib und Körper.
Wird Berührung und Herzschlagen und Wortestammeln.
Gott fängt mit jeder Liebe neu an und wird Leib und Körper in jeder Liebe.
Alles ergibt einen Sinn. Alles fügt sich zusammen.
Und alles, was unwahr ist, ist weit weit weg. Im Anfang. Und siehe, es ist sehr gut.

4.
Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott, 
und Gott war das Wort.

 
Der Anfang ist wie ein unbeschriebenes Blatt Papier. Nackt und unschuldig.
Du sitzt vor diesem Blatt und suchst nach dem richtigen Wort. 
Ist es müde oder voller Kraft?  Tröstet oder erschreckt es dich?
Was wird es über deine Zukunft sagen? 
Wird es dich verändern  oder dir gar den Boden wegreißen?
Für all diese Fragen ist es noch zu früh. Der Anfang ist noch nackt.
Das Wort wird noch geboren. Es kommt noch nicht auf deine Lippen. 
Denn du ahnst nur, dass es da ist.  Deine Sehnsucht nach dem Woher und Wohin.
Deine Liebe. Dein Leben. Alles ist darin, in diesem Wort.

Am Anfang ist das eine Wort bei Gott. Der Sinn allen Lebens - verborgen in dem Einen.
Nicht zu greifen. Das Wort, das Eine, es kommt zur Welt in einem Stall. 
Dort, wo es nach Tierdung riecht und das Stroh piekst.
Wo Menschen weinen und lachen.
Wo die Welt zusammenschrumpft auf einen Moment und einen Ort.
Der ist nichts Besonderes und doch alles.
Eigentlich gibt es dafür keine Worte:
für dieses Große, was uns hält, und für das Schöne, was uns umschließt.
Unsere Worte sind zu klein dafür. Zu klein für Gott.
Zu klein für das Leben. Zu klein für das Wunder.

5.
Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott, 

und Gott war das Wort.

 
Du möchtest alles auf Anfang stellen. Von vorne anfangen.
Nur das eine Wort und nicht die vielen anderen.
Keine Lügen. Keine Schuld. Keine Worte, die verletzen.
Was am Anfang so leicht ist, wird im Weitergehen so schwer.
Liebe lässt sich nicht halten. Gott auch nicht. Gott wird zu groß für dich. 
Du spürst wie verletzlich du bist und die Welt auch.
In diesen Tagen vielleicht ganz besonders, weil Weihnachten die Haut dünner ist als sonst.
Ein Streit tut heute besonders weh.  Die Bilder aus Magdeburg lassen verzweifeln.
Alleinsein ist heute kaum auszuhalten.
Und auch nicht die Sehnsucht nach mildem Licht und erster Liebe.
Ja, alles auf Anfang stellen – das wär’s, denke ich. Sehne ich. Du auch?
 
6.
Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott,

und Gott war das Wort.
Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit.

 
Am Anfang.
Am Anfang ist dieses Kind.
Fleischgewordenes Wort. Leben pur. Lebendiges Bündel.
Suchender Mund. Geschlossene Augen. Ausgeliefert und bedingungslos. 
Noch ganz verschleimt und mit pulsierender Nabelschnur.
Es ist da. In diesem Anfang ist es ganz da:
Für dich und für mich und für alle, die hier sind oder zuhause oder weit weit weg.
Im Anfang ist dieses Kind und es kann dir nichts tun, außer in dein Herz kriechen: Dieses Kind - entstanden aus der Liebe von zwei Menschen. Aus Leidenschaft und Hingabe. Aus Gott.

Im Anfang ist dieses Kind. Die Liebe zwischen Gott und Mensch.
Dieses Kind setzt alles auf Anfang.
Alles ist neu. Alles beginnt neu. Und neu ist nicht perfekt.
Sondern verschleimt und zerknittert,
ausgeliefert und bedingungslos,
suchend und geborgen zugleich.
 
7.
Du kannst nicht alles auf Anfang stellen. Aber das Kind tut es. Gott tut es.
Gott weiß, was zu tun ist mit deinen Anfängen und Stolperschritten.
Mit deiner Sehnsucht und deinem Zweifel und deiner Trauer.
 
Du bist Gottes Kind. Du bist dieses Kind, das Fleisch gewordene Wort.
Anfängerin des Lebens. Anfänger der Liebe. Mitten in dieser Welt.
Du mit deinen Falten und deinen Träumen. Mit deinen Narben und deinem Schmerz.
Geboren aus der Liebe. Nicht perfekt, aber wunderbar.
Vielleicht noch dünnhäutiger. Vielleicht noch verletzlicher.
Vielleicht noch ausgelieferter – du Gotteskind..
 
Der Stall ist dein Anfangsort.
Dort, wo es nach Tierdung riecht und das Stroh piekst.
Dort, wo du den Kochlöffel in den Topf tauchst oder Bilanzen prüfen musst,
wo du an der Kasse Kleingeld entgegen nimmst oder zuhause die Windeln wechselst.
Überall wo du bist, bist du richtig. Weil Gott da ist. Bei dir.
Auch in deinem unaufgeräumten Wohnzimmer mit dem Geruch nach Raclette und Zweifeln.
 
Und Gott fängt mit dir an, ins Leben zu gehen.
Raus in die Welt mit ihren vielen ausgesprochenen und unausgesprochenen Worten.
Dort sprichst  du dieses Wort des Lebens und der Liebe.
Du stellst dich den Lügen und dem Hass entgegen,
damit es in dieser Welt neue Anfänge gibt.
Ihr geht gemeinsam und sprecht zusammen und liebt und lebt und weint und lacht.
 
Ob du nun müde oder wach bist an diesem Weihnachtsmorgen:
Der Anfang ist gemacht:
Himmel und Erde, die Nacht und der Tag,
der Regen und die Rose, das Licht, die Falten und die dünne Haut.
Und mit dir geht es weiter, du Kind Gottes. Du Wort Gottes. 
Und siehe, alles ist sehr gut.
 
Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott, 
und Gott war das Wort.
Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit.


Amen.


Dienstag, 24. Dezember 2024

Türen öffnen sich

Von Sehnsucht nach neuer Wirklichkeit und nach Frieden

Predigt zu Jesaja 9, 16 (Heiliger Abend) *


1. Hinter der Tür

Das Licht schimmerte durch die geriffelte Glasscheibe. Auch unter der Türritze konnten wir den Schein sehen. Manchmal versuchten mein Bruder und ich durchs Schlüsselloch zu schauen. Am 24. Dezember. Heiligabend zuhause.
Ein Auge zugekniffen und ich konnte das Lametta sehen und irgendwas, was unter dem Baum stand.  Die Sehnsucht war so groß. Ja, für einen Augenblick sah ich sie, die Zukunft mit einem geschmückten Weihnachtsbaum und schön verpackten Geschenken. Für diesen Augenblick hielten wir den Atem an. Nur eine verschlossene Tür trennte uns. Und wir warteten auf die Glocke, die unsere Mutter läutete.

Der Prophet Jesaja schaut wie durch ein Schlüsselloch in eine neue Zukunft. Tausende von Jahren ist das her. Es herrscht Krieg. Die Welt des Propheten ist in Blut getränkt. Sie ist dunkel. Draußen vor der Tür marschieren die Soldaten in ihren schweren Stiefel auf und ab und geben den Rhythmus des Lebens vor: Angst, Tod, Gewalt. Hunger, Elend, Leid. Bittere Realität damals und heute.
Aber Jesaja hält das nicht auf. Seine Sehnsucht nach einer neuen Wirklichkeit ist so groß. „Irgendwann muss die Zukunft doch beginnen“, denkt er. „Irgendwann muss es wieder hell werden.“ Und dann sieht er den Schimmer wie durch die geriffelte Türscheibe, schaut wie durch ein Schlüsselloch und hält für einen Augenblick den Atem an.

2. Neue Wirklichkeit


Was er da sieht, hören wir aus dem 9. Kapitel:
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht,
und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude.
Vor dir freut man sich, wie man sich freut in der Ernte,
wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.
Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter
und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians.
Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht,
und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben,
und die Herrschaft ist auf seiner Schulter;
und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst;
auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende
auf dem Thron Davids und in seinem Königreich,
dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit
von nun an bis in Ewigkeit.
Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth.


Sie ist schon da, die neue Wirklichkeit.  Nur eine Tür scheint Jesaja noch zu trennen von der Welt, in der es wieder hell ist - mit Leben und Lachen, Zeit und Wunder, Frieden und Glück. Mit neugeborenen Kindern und gutem Leben für alle.
Nur eine Tür trennt Jesaja von der Zukunft, die doch schon da ist.

Die Hirten siebenhundert Jahre später, schauen nicht durch Schlüssellöcher, sie haben keine. Sie haben kein Dach über dem Kopf. Sie schauen in den Himmel. Und der öffnet sich für sie. Einen Spaltbreit, genau so viel, dass das Licht des Himmels auf sie scheint. Mitten in der Nacht, reiben sich die Hirten die Augen und kneifen sie ein wenig zusammen. Dann sehen sie: Licht in der Finsternis, Engel, die singen und ihr Hoffen wird Wirklichkeit: „Fürchtet euch nicht. Eine neue Zeit ist zur Welt gekommen, sie ist schon da, sie ist geboren. Nur eine Stallwand entfernt.“

Für einen Moment halten sie den Atem an, dann eilen sie voller Sehnsucht der Zukunft entgegen. Ja, sie wollen sehen, was ihnen gesagt wurde. Sie wollen das Kind sehen, auf dessen Schultern alle Hoffnung liegt. Das Kind, das Himmel und Erde verbindet: Wunder-Rat Gott-Held Ewig-Vater Friede-Fürst
In Windeln gewickelt, auf Stroh gebettet liegt sie da, die neue Wirklichkeit.
Für alle sichtbar. Zum Greifen nah. Und doch immer noch nicht zu begreifen.

3. Türen öffnen sich


„Habt keine Angst! Ich muss nur das Schloss aufbrechen.“  Hört man eine tiefe Männerstimme auf Arabisch rufen. Eine dicke Stahltür trennt die Frauen von der Freiheit. Da schimmerte kein Licht durch. Es war einfach stockfinster. Und nun dokumentieren Handyvideos die Befreiung aus Sednaja – dem berüchtigtsten Foltergefängnis Assads. Aus dunklen, verdreckten, engen Kammern strömen Frauen, Männer, ja sogar Kinder. Nach fast 14 Jahren Terror und Krieg in Syrien. Und die Welt hält den Atem an, denn alle wissen, diese Wirklichkeit ist so fragil. Und doch ist sie da. Sie ist jetzt da und mit ihr ein kleines Stück des Friedens, nach dem sich Menschen in aller Welt so sehr gesehnt haben. Und sie kommen und feiern, sie kehren heim, fallen sich in die Arme, lachen und weinen, tanzen auf den Straßen und freuen sich am Leben. Und zugleich wissen sie: die Tür kann wieder ganz schnell verschlossen werden. Die Tür zur Freiheit, zum Frieden. Zum echten Frieden. Wird sie offen bleiben?

Wie sehr will ich da wie durch ein Schlüsselloch schauen und wissen, dass in der Wirklichkeit dahinter Friede sein wird: dass Menschen frei ihre eigene Religion leben können ohne Abwertung anderer, dass Frauen und Mädchen gleichberechtigt lernen werden, zur Schule und zur Uni gehen können, frei über ihren Körper entscheiden.

Wenn ich dann durch mein Schlüsselloch schaue, in meiner Welt, sehe ich voller Dankbarkeit, was schon da ist: Friede und Demokratie; Freiheit zu lieben, wie ich es tue, und Kinder, die in Freiheit spielen und hüpfen und den Himmel über sich haben. Und ich sehe auch, wie gefährdet das selbst bei uns ist und die Türen zur Freiheit und zum Frieden zufallen können.

4. Sehnsucht


Was bringt dieser Blick durchs Schlüsselloch?
Ich brauche ihn: Diesen Blick und die Ahnung, dass da noch Gutes auf uns zukommt. Die Hoffnung auf Frieden, nicht nur im Kleinen und im Westeuropäischen, diesseits der polnischen Grenze. Sondern Frieden ohne Unterdrückung, ohne Angst und ohne, dass man andere abschrecken muss. Ohne Angst vor Attentätern und Hassgeschrei.
Ich brauche den Blick durchs Schlüsselloch. Ich will an Weihnachten ahnen können, dass auch im nächsten Jahr, dass auch in Zukunft Gutes auf uns zukommt. Dass Gott unter uns lebt und Friede auf Erden bringt. Auch wenn dieser Friede heute erst ein Säugling ist und wachsen muss.

Ja, manchmal überfrachte ich diesen Abend mit meiner Sehnsucht nach diesem Frieden und dieser Wärme und vergesse dann, dass dieser Frieden gar nicht von uns ausgeht, sondern von diesem Kind in der Krippe. Manchmal will ich zu viel und manchmal wird es mir zu viel. Früher, als Jugendliche, ertrug ich diese überladene Sehnsucht oft nicht mehr und floh erst mal raus. Einmal tief Luft holen. Die Tür hinter mir wieder zu, was ja viel realistischer war, oder?

Und doch, die Sehnsucht bleibt. Der Blick durch das Schlüsselloch auf eine neue, gute Wirklichkeit. Selbst sie ist nicht perfekt, aber sie ist da. Ich stehe mit den Hirten und schaue auf dieses Kind in der Krippe. Das Ganze ist so fragil wie ich es auch bin. Die Tür kann sofort wieder ins Schloss fallen und sie wird es auch wieder tun. Aber die Hoffnung bleibt. Ich sehe das Kind in der Krippe und weiß: das mit dem Frieden und der Freiheit hat noch ganz andere Dimensionen als ein Weihnachtszimmer.

5. Türen offen halten


Aber heute genügt es. Vielleicht genügt heute nur ein bestimmtes Weihnachtslied oder der eine Weihnachtsstern, den meine Mutter mal gebastelt hatte und den ich immer noch habe und der hängt am Weihnachtsbaum, viele viele Jahre nach ihrem Tod. Vielleicht muss ich nur diesen Stern sehen und dann ist alles wieder da wie damals: der Schimmer durch die Scheibe, der Blick durchs Schlüsselloch, das Klingeln der Glocke, die warmen Arme, die mich umfangen. Und ich weiß zugleich, dass Frieden viel mehr ist.

Vielleicht gehen die Türen morgen wieder zu, aber heute halte ich sie offen, die Gott uns weit aufreißt. Heute freue ich mich auf das Essen mit meinen jesidischen Nachbarn und weiteren Freunden. Heute hoffe ich mit den syrischen Menschen, dass ihre Türen zur Freiheit offen bleiben. Heute hoffe ich, dass sich die Türen für alle öffnen, die im Dunkeln sind und die Angst haben. Heute stehe ich mit den Hirten vor der Krippe, sehe mit ihnen den offenen Himmel und singe zusammen mit den Engeln. Heute sehe und schmecke und fühle ich mit großem Herzen, was Jesaja verspricht:
Uns ist ein Kind geboren.
Und des Friedens ist kein Ende,
dass er’s stärke und stütze
durch Recht und Gerechtigkeit
von nun an bis in Ewigkeit.


Das war sie und ist es noch, die neue Wirklichkeit, die Zukunft, sichtbar und zum Greifen nah.  

Amen.

* Mit herzlichen Dank vor allem an Elisabeth Kühn, der ich vor allem die Formulierungen und Ideen in der ersten Hälfte der Predigt verdanke!

Sonntag, 8. Dezember 2024

Die Müden stärken


Gott macht keine halben Sachen.

Predigt zu Jesaja 35, 3-10 (2. Advent)

I.
Müde siehst du aus, sage ich zur Freundin. Karin* seufzt. (*Name anonymisiert)
Ich mache mir Sorgen um meine Mutter, sagt sie.
Sie findet sich immer weniger zurecht. Immer öfter kommt es vor, dass sie die Frau von der Diakoniestation nicht reinlässt. Und ich kann von Hamburg aus nichts tun. Ich bin viel zu selten bei ihr. Diese Sorge um sie macht mich manchmal verrückt.
Und ich nehme Karins Hände und wir halten uns eine Weile.

Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie!
Sagt den verzagten Herzen:
»Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott!


Peter sitzt vor uns im Restaurant.
Das Eis, das wir essen, ist so teuer, wie sein gesamter Tagesverdienst.
Wir haben uns am Malawisee kennengelernt und miteinander gesprochen.
Ein intelligenter junger Mann, 24 Jahre alt.
Hier am Malawisee geht es den meisten wegen der Touristen noch relativ gut.
Aber in Malawi, dem zehntärmsten Land der Welt sind die Perspektiven auch für ihn schlecht.
Richtig schlecht.
Er, der hier in Deutschland garantiert studieren würde,
konnte dort seinen Schulabschluss nicht machen.
Sein Onkel, der das Schulgeld bezahlt hatte, musste die Zuschüsse einstellen.
Nun verkauft Peter Hemden und Schmuck, von seiner Familie hergestellt.
Dafür spricht er Tag für Tag Touristen in den Lodges am See an.
Und wenn er Glück hat, verkauft er mal ein Hemd für 30 Euro.

Er würde gerne seinen Schulabschluss noch machen.
Und dann eine Ausbildung. Würde gerne Design studieren.
Aber er hat das Geld nicht. Wie die meisten seiner Landsleute.
Die Regierung kann den jungen Menschen keine Bildung ermöglichen.
Die Straßen sind marode. Das Benzin knapp. Das Wasser verschmutzt.
Die Wälder abgeholzt. Ausgeliefert den Zyklonen, Überschwemmungen und Dürreperioden,
die mit dem Klimawandel immer heftiger werden.
Peter kommt aus diesem Teufelskreis aus Armut und Abhängigkeit nicht heraus.
Wir schütteln uns zum Schluss die Hände. Und ich schäme mich für das Eis.

Wir beklagen hier in Europa 200 Tote bei den Überschwemmungen in Valencia - zu Recht!
Die über 1300 Toten der Überschwemmungen in Malawi nehmen wir gar nicht mehr wahr.
Zu weit weg.
Und statt diesen Menschen zu helfen und zum Beispiel die Bildungsangebote auszubauen,
die mein Schwager mit der Volkshochschule dort mit Projektpartnern organisiert,
wird in Deutschland der Haushalt für wirtschaftliche Entwicklung sogar weiter gekürzt.

Malawi - "the warm heart of Africa" - das warme Herz Afrikas.
Das verzagte Herz. Das verzweifelte Herz.

II.
Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie!
Sagt den verzagten Herzen:  »Seid getrost, fürchtet euch nicht!
Seht, da ist euer Gott! Er kommt zur Rache;
Gott, der da vergilt, kommt und wird euch helfen.«


Hörst du das, Peter, der du dir Sorgen um deine Zukunft machst?
Hörst du das, meine liebe Freundin Karin, mit deinen Sorgen um deine alte Mutter?
Stärkt die müden Hände! Seht da ist euer Gott!
Er wird dir helfen.  Er tritt für dich ein, Peter, und für dich, Karin auch.

Peter, du fragst vielleicht: wo hilft er mir? Und wie?
Erwartest du überhaupt noch was von Gott?
Ja, du schon. Du hältst unerschütterlich an Gott fest.
Er wird mir helfen, sagst du.

Und ich bin diejenige mit dem Zweifel.
Denn ich weiß: ich bin doch diejenige, die helfen könnte. Aber ich weiß nicht wie.
Nur mit Geld?  Ist das nicht ein Tropfen auf dem heißen Stein?
Außerdem haben wir doch in unserem Land auch so viele Probleme.
Die Sorgen um unsere alten Eltern. Um unsere Kinder. Die Sorgen um die Wirtschaft.
Und wie es nach der nächsten Bundestagswahl wohl weiter geht. Ob es noch kälter wird?
Und zugleich schäme ich mich.
Denn wir leben immer noch in einem so reichen Land.

Ich weiß, dass Gott diese Ungerechtigkeit nicht will.
Diese ungleiche Verteilung in unserem Land und die Armut in Malawi.
Ich weiß, dass das, was jetzt ist, nicht alles sein kann.
Da ist mehr und es kommt mehr. Eine andere Welt verspricht Jesaja.
Eine gerechtere und eine liebevollere Welt.
Eine Welt für Peter und meine Freundin Karin und ihre Mutter.
Ja, dafür steht dieser Gott.
Und Gott steht für alle mit ihren verzagten Herzen und müden Händen.

III.
Dann werden die Augen der Blinden aufgetan
und die Ohren der Tauben geöffnet werden.
Dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch,
und die Zunge des Stummen wird frohlocken.
Denn es werden Wasser in der Wüste hervorbrechen
und Ströme im dürren Lande.
Und wo es zuvor trocken gewesen ist, sollen Teiche stehen,
und wo es dürre gewesen ist, sollen Brunnquellen sein.
Wo zuvor die Schakale gelegen haben,
soll Gras und Rohr und Schilf stehen.


Gott macht keine halben Sachen, verspricht uns der Prophet Jesaja.
Gott öffnet Augen und Ohren und macht alles anders.
Gott stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie.
Und ich ziehe die Bilder von Jesaja ins Heute:
Peter kann seine Schulausbildung fertig machen und sogar studieren.
Seine Familie hat eine sichere Zukunft.
Karins Mutter fühlt sich endlich sicher und Karin kann wieder ruhig schlafen.
Unsere neue Regierung wird ein Herz für die Schwächsten haben
Und wir gehen endlich gemeinsam das Projekt CO2-Neutralität an.
Die Gefangenen der Terrorregime kommen frei und es gibt gar keine Terrorregime mehr.
Und die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten hören auf.

Fang schon mal an mit der neuen Welt, Gott, falle ich Jesaja ins Wort.
Fang schon mal an mit einer gerechten, friedlichen Welt!
Ja, bitte Gott. Mach, dass es so kommt!

IV.
Und es wird dort eine Bahn sein
und ein Weg, der der heilige Weg heißen wird.
Kein Unreiner darf ihn betreten; nur sie werden auf ihm gehen;
auch die Toren dürfen nicht darauf umherirren.


Wie sehr sehne ich mich nach einem guten, einem heiligen Weg.
Ein Weg, der uns in die Zukunft führt. Ein Weg, den wir gemeinsam gehen.

Wie sehr sehne ich mich danach, dass Wege geebnet und nicht gesperrt werden.
Dass wir Menschen willkommen heißen, statt sie abzuweisen.
Dass wir Wege zueinander gehen und nicht voneinander weg.

Wie sehr will ich glauben, dass Gott an meiner Seite geht.

An der Seite von Peter und an der Seite von Karin.
Wie sehr wünsche ich einen Weg für alle, die keinen Weg sehen.
Wie sehr wünsche ich mir einen gerechten Weg. Einen Friedensweg.
Für alle.

V.
Es wird da kein Löwe sein und kein reißendes Tier darauf gehen;
sie sind dort nicht zu finden, sondern die Erlösten werden dort gehen.
Die Erlösten des Herrn werden wiederkommen
und nach Zion kommen mit Jauchzen;
ewige Freude wird über ihrem Haupte sein;
Freude und Wonne werden sie ergreifen,
und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.


Stärkt die müden Hände. Seht, da ist euer Gott.
Stärkt die Müden und Geplagten und alle, die sich für sie einsetzen.
Gebt Menschen wie Peter eine Chance
und unterstützt Organisationen, die Menschen wie ihm helfen wollen und das auch können.
Brot für die Welt ist so eine Organisation oder auch die Volkshochschule.

Stärkt die müden Hände derer, die kranke und ältere Menschen pflegen.
Stärkt die müden Hände der müden Eltern.
Sorgt dafür, dass sie genügend Geld bekommen und Unterstützung.

Stärkt die müden Politiker und Politikerinnen,
die ernsthaft und ehrlich einen Weg für unser Land suchen.
Stärkt die, die für unsere Demokratie einstehen.
Stärkt sie mit eurer Wahlentscheidung und dass ihr die Demokratie verteidigt.
Stärkt die Juden und Jüdinnen, die wieder Angst in unserem Land haben.
Stärkt die Jesidinnen und Jesiden, die Angst vor Abschiebung haben.
Ladet sie zu euch ein und helft ihnen bei ihren Anträgen.
Stärkt die Syrer und Syrerinnen, die Kurden und Kurdinnen, die Angst um ihre Familien haben.
Stärkt sie mit euren Gebeten und eurem Beistand und verteidigt sie vor denen, die sie anfeinden.
Stärkt euch gegenseitig, die ihr müde und verzagt seid.
Seid füreinander da.

Warum das Ganze, fragt ihr? Ist es nicht alles vergeblich?
Nein, sagt Jesaja. Nein, sage ich.
Das, was ist, ist nicht alles.
Da ist mehr. Da ist Gott.
Der kommt an eure Seite und macht keine halben Sachen.
Er baut abgebrannte Kathedralen wieder auf.
Lässt Wasser in der Wüste sprudeln. Obwohl das doch nicht geht. Eigentlich.
Und Blinde sehen, Lahme springen, Stumme brechen ihr Schweigen.  
Seht auf und erhebt eure Häupter. (Lukas 21,28)
Fangt schon mal an mit der anderen Welt.
Denn Gott kommt.
ER hat es versprochen.
Amen.

Montag, 4. November 2024

Freiheit, sich einzumischen

Von Autoritäten, Mut und Freiheit
Predigt zum 13. Kapitel des Römerbriefs*

1.
Shifra und Pua, zwei israelitische Hebammen im alten Ägypten, hatten eine ziemlich klare Anweisung vom ägyptischen König bekommen: tötet die israelitischen männlichen Kinder noch in der Geburt. Aber sie taten es nicht und logen den König dreist an: wir kommen immer schon zu spät. Die Jungen sind dann schon da.
Sie fürchteten Gott, sagt die Bibel. Und deshalb verweigerten sie den Gehorsam gegenüber dem König. (Exodus 1)

Tja, und dann lese ich bei dir, Paulus: Jeder ordne sich den Trägern der staatlichen Gewalten unter. Denn es gebe keine Gewalt, die nicht von Gott ist. Was denkst du denn über Shifra und Pua? Und was würden die beiden dir antworten?

2.
Anfang August bekommt S. einen Anruf. G., 20 Jahre alt, Jeside, bittet um Kirchenasyl. Er floh ein Jahr zuvor aus dem Irak zu seiner Familie, die in Pforzheim lebt. Allerdings wurde er in Bulgarien von der Polizei verhaftet und in ein Gefängnis gesteckt. Er wurde geschlagen und wurde dort krank. Schließlich schickten sie ihn weiter nach Deutschland. Deutschland lehnte es jedoch ab, seinen Asylantrag zu behandeln. Er soll nun nach Bulgarien abgeschoben werden: in ein Land, das sich nicht an die europäischen Standards hält, wo er niemanden kennt und wo er 1 Jahr zuvor misshandelt wurde.
Nach Beratung durch die Diakonie entscheidet der Ältestenkreis, G. in der Kirche Kirchenasyl zu gewähren. Die bulgarischen Verhältnisse verstoßen gegen die Menschenrechte, sagen sie. Die deutschen Behörden haben nicht richtig entschieden, sagen sie. G. muss das Verfahren hier durchlaufen, nicht in Bulgarien. Also schützen wir G. vor der Abschiebung nach Bulgarien.

Bei dir, Paulus, lese ich: Jeder ordne sich den Trägern der staatlichen Gewalten unter. Denn es gebe keine Gewalt, die nicht von Gott ist. Was denkst du denn über das, was die Ältesten entschieden haben? Und was würde dir G. antworten?

3.
Ist dir eigentlich klar, lieber Paulus, welche Wirkung diese Zeilen hatten?
Aus Christen, die für ihre aufrechte Haltung vom römischen Kaiser bis in die Katakomben von Rom verfolgt wurden, wurden obrigkeitshörige Kirchenleute.
Könige, Kaiser, Kanzler, Minister ließen sich als von Gott eingesetzte Autoritäten feiern.
Sklaverei, Ausbeutung, Kolonialismus - alles das wurde damit gerechtfertigt.
Und ganz besonders schlimm war, wie diese deine Worte durch die deutsche Kirche in ihrer Kungelei mit den Nationalsozialisten instrumentalisiert wurden.

Davon wachten dann endlich einige auf:
Christen und Christinnen formulierten die sogenannte Barmer Theologische Erklärung und sie mahnten sich selber, dass sie auch ein kritisches Gegenüber zum Staat und seinen Behörden sind. „Die Kirche“ so heißt es da, „die Kirche erinnert an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten.

4.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es irgendeine Autorität auf der Welt geben kann, die direkt von Gott eingesetzt ist.
Keine Regierung. Kein König. Keine Verfassung.
Sie alle müssen sich doch bewähren, an ihren Absichten, an dem, was sie tun – oder auch nicht tun. Bewähren, durch das Gute, dass sie in die Welt bringen.
Und ob sie auch allen Menschen dienen und nicht nur wenigen.
Prüfet alles und das Gute behaltet - das sagst du doch selber, Paulus.
Und darüber müssen wir diskutieren und reden und sind bestimmt auch als Christinnen und Christen nicht immer einer Meinung, was das Gute ist.
Aber wir wissen doch um unseren Maßstab: nämlich Jesus selbst.
Er, der immer für die Schwächsten da war und die Liebe gelebt hat, wie kein anderer.
Er, der von der Obrigkeit hingerichtet wurde.
Er, Opfer eines brutalen Populismus.
Er, der die Armen und Barmherzigen und die Sanftmütigen selig preist.
Er, der Ohnmächtige.
Da kann ich mich doch einer staatliche Macht nicht uneingeschränkt unterordnen.
Nein, Paulus, da muss ich dir deutlich widersprechen!

5.
Vielleicht würdest du heute auch andere Worte wählen?
Vielleicht musstet du in deinem Brief an die Römer gar nicht so kritisch gegenüber dem Staat sein, weil der römische Staat seiner Zeit viel Gutes für euch getan hat.
Nicht negativ auffallen, dann wurdet ihr in Ruhe gelassen und ihr konntet predigen.
Zumindest am Anfang war das so.

Hättest du diese Worte geschrieben, wenn du gewusst hättest, dass du ausgerechnet durch das Schwert des römischen Staates sterben würdest?
Hättest du von Unterordnung und von Gott eingesetzter Macht geschrieben, wenn du von einem Hitler oder einem Stalin erfahren hättest oder von einem Terrorregime wie im Iran?


6.
Aber einen Doppelpunkt hast du, Paulus.
Erstens: Auch bei dir tritt kein Staat an die Stelle Gottes. Und kein Staat vertritt Gott. Es gibt auch keinen Gottesstaat und kein religiösen Regeln, die der Staat durchzusetzen habe. Im Gegenteil. Staatliche Ordnung und göttliche Ordnung sind nicht dasselbe. In deinen Augen ist selbst der römische Kaiser nur ein Diener Gottes - nicht Gott selber. Das Selbstverständnis des Kaisers war ein anderes. Das wusstest du, oder?

Und zweitens: Es braucht einen Staat, der dafür sorgt, dass es gerecht für alle zugeht. Dass Menschen vor Willkür geschützt sind. Und nicht alleine gelassen werden, wenn sie Hilfe brauchen. Es braucht Autoritäten, die die in die Schranken weisen, die das Recht brechen. Damit alle frei sein können zu lieben und zu glauben und zu leben, wie es ihnen entspricht. Alle Menschen müssen ihre Religion oder Nicht-Religion selber wählen können, ihren Lebensstil selber entscheiden, über ihren Körper selbst bestimmen und haben ein Recht auf Bildung und Gesundheit.

7.
Ich habe Angst davor, dass das immer mehr Menschen das in Frage stellen.
Sie träumen von Autokratien, die sich selber ermächtigen.
Sie wählen Populisten, denen die Menschenrechte für alle egal sind.
Und sie stellen die demokratischen Prinzipien in Frage: die von der Gewaltenteilung, den Schutz für Minderheiten und die Freiheit für alle, solange sie die Freiheit anderer nicht begrenzt.
Sie nutzen die  demokratische Strukturen, um all das Gute unserer Zeit zu zerstören.
Sie instrumentalisieren sogar Opfer des Nationalsozialismus wie Bonhoeffer oder Sophie Scholl, um demokratische Kräfte zu demontieren. Sie setzen heutige Probleme gleich mit dem Terror aus früheren Zeiten. Das ist gefährlich und - ja - auch Böse.

Und deshalb stimme ich dir da zu, Paulus:
Die staatliche Ordnung muss dem Guten dienen und das Gute ermöglichen.
Und mein Blick auf die staatliche Ordnung als Christin fragt genau danach:
Hat sie das Recht im Blick? Hat sie die Benachteiligten im Blick?
Schützt sie die Minderheiten, die Marginalisierten, die, die weniger Glück haben als andere?
Denn das ist der Perspektive Jesu: die der Ausgestoßenen, der Verdächtigen, der Geschundenen, der Machtlosen, der Unterdrückten und Geschmähten, kurz die Perspektive der Leidenden. Und deshalb bringst du auch das Gewissen ins Spiel. Manchmal müssen wir unserem Gewissen folgen, weil wir die Perspektive Jesu einnehmen.

8.
Shifra und Pua, die beiden israelitischen Hebammen haben genau das getan:
Sie haben Leben gerettet, statt zerstört. Und deshalb einen willkürlichen, unmenschlichen Befehl widerstanden.

Die Kirchenältesen der Pforzheimer Gemeinde haben genau das getan: das Recht eingefordert für G., das ihm zusteht. Sie haben die Behörden an ihre Pflicht erinnert, nochmal genau hinzuschauen, ob sie auch alles bedacht haben. Und Gott sei Dank wurde G. nicht abgeschoben und sein Asylantrag wird nun in Deutschland geprüft. Ich hoffe sehr, dass er hier bei seiner Familie bleiben kann.

Und vielleicht, lieber Paulus, würdest du das heute auch unterschreiben?
Denn dir geht es ja darum, dass wir als Christen und Christinnen die Freiheit bekommen, Gutes zu tun und ihrem Gewissen zu folgen. Christus hat uns zur Freiheit befreit, sagst du an anderer Stelle. Und wenn eine staatliche Ordnung diese Freiheit ermöglicht, dann ist das ganz im Sinne Gottes. Grund genug, dankbar dafür zu sein!

Ja, Paulus, wir sind frei, uns einzumischen. Wir sind frei, die Liebe Jesu zu leben. Wir sind frei zum Widerspruch und frei zur Zustimmung. Prüfet alles und das Gute behaltet. Und wir sorgen dafür, dass das Gute nicht zerstört wird.
Amen.




*)
Jeder ordne sich den Trägern der übergeordneten staatlichen Gewalten unter. Denn es gibt keine Gewalt, die nicht von Gott ist, die bestehenden Gewalten aber sind von Gott eingesetzt,  so dass, wer sich ihnen widersetzt, sich der Anordnung Gottes entgegenstellt, die sich aber widersetzen, werden sich selbst das Urteil zuziehen. Denn die Vertreter der staatlichen Behörden sind nicht ein Schrecken für das gute Werk, sondern für das böse. Du willst nicht die staatliche Gewalt fürchten? Tue das Gute, und du wirst Lob von ihr empfangen,  denn sie ist Gottes Dienerin für dich zum Guten. Wenn du aber das Böse tust, fürchte dich! Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert. Sie ist nämlich Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut.
Deshalb ist es nötig, sich unterzuordnen, nicht allein aus Furcht vor der Strafe, sondern auch wegen des Gewissens.  Denn deswegen bezahlt ihr auch Steuern. Denn Gottes Gehilfen sind die, die eben genau das einfordern. Gebt allen, was ihr ihnen schuldig seid – der Steuerbehörde die Steuer, der Zollbehörde den Zoll, wem Furcht gebührt, Furcht, wem Ehre gebührt, Ehre. Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, hat das Gesetz erfüllt.


 

Montag, 16. September 2024

Sekundenglück

Predigt zu Psalm 16*

(dazu empfehle ich das "Fan"-Video von Herbert Grönemeyer zu seinem Song "Sekundenglück", in dem lauter Glückssekunden gesammelt wurden: https://www.youtube.com/watch?v=RWYx9No2hbo)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Oma, I’m so happy, rief der 5jährige Tom, als er das erste Mal die Ostsee sah und umarmte seine Großmutter Karin. Er hatte gerade die ersten englischen Wörter gelernt. Einfach so. Niemand wunderte sich, warum er das auf englisch sagte. Warum auch. Er schien wirklich glücklich und überwältigt zu sein. Egal in welcher Sprache. I’m so happy.

 

Auch für Karin war das ein Glücksmoment. Oft versteht sie Tom nicht, vielleicht weil sie sich viel zu selten sehen oder weil er Autist ist und sie nicht - oder beides. Aber in diesem Moment waren sie beieinander. Verstanden sich bis in die kleinste Körperzelle hinein. Das Meer, der Sand, die Möwen, Wind und riesige Wolken. Wie aus dem Bilderbuch. Fast kitschig. Aber es war jetzt da - ganz echt. Ganz richtig. Ganz für sie beide: Oma Karin und Tom. Glücklich. Sekundenglück.

 

„Und du denkst, dein Herz schwappt dir über

Fühlst dich vom Sentiment überschwemmt

Es sind die einzigartigen Tausendstel-Momente

Das ist, was man Sekundenglück nennt“
(Grönemeyer, Sekundenglück)

 

2.

Glück - ein großes Wort. Zu groß. Voller Sehnsucht. Und oft verkitscht.

Das Sekundenglück ist aber klein. Oft übersehen.

Nur du kannst es sehen, spüren, fühlen - in dieser Sekunde.

Nur du und vielleicht die andere Person, mit der du es erlebst:

dein Enkel, deine Freundin, dein Mann, deine Patientin, dein Kunde.

 

Wenn du es erlebst, spürst du es mit jeder Faser deines Körpers. Es ist Leben pur.
Jetzt - in dieser Sekunde. Du kannst es nicht festhalten. Genau das macht es aus.

Das Sekundenglück geht vorbei.

 

Es ist das Hüpfen über die Welle am Strand oder die Muschel, die du findest.
Es ist das eine Lied im Radio, das du jetzt brauchst.

Dein Tanz in der Küche. Der erklommene Berggipfel. Der Regenbogen.

Dein schlafendes Kind im Autositz. Oma, I’m so happy.

Es ist der gemeinsame Gesang von 1000en Menschen.

Das erlösende Handballtor. Der eine Videoclip. Die erste Erdbeere im Jahr.

Der Jupiter am Sternenhimmel. Und neben ihm der Mars.

Das Telefonat mit der Jugendfreundin nach vielen, vielen Jahren.

Das Grab der Mutter, an dem sich zwei Schwestern endlich wieder umarmen.

 

„Und du denkst, dein Herz schwappt dir über

Fühlst dich vom Sentiment überschwemmt

Es sind die einzigartigen Tausendstel-Momente

Das ist, was man Sekundenglück nennt“

 

3.

Herbert Grönemeyer singt diese Worte seit 2018.
20 Jahre zuvor war seine erste Frau Anna gestorben.
Ihr Tod hatte ihn damals aus der Bahn geworfen.
Ein Jahr lang machte er nichts mehr mit Musik.
Kein Konzert. Kein Lied komponieren. Keinen Text schreiben.
Erst dann fing er langsam wieder an und fasste seine Trauer in neue Töne.
Zwei seiner bekanntesten Songs sind entstanden: „Mensch“ und „Der Weg“.
Und bis heute – 26 Jahre später – taucht die Trauer in seinen Songs auf –
und zugleich die wiedergefundene Lebensfreude.

Grönemeyer weiß, wie zerbrechlich Glück ist. Wie vergänglich.
Wie brutal der Tod. Und endgültig.

Grönemeyer weiß, wie kostbar deshalb jeder kleine Moment ist.

Wie kostbar und wie sehr zu genießen. Jetzt.

Das Sekundenglück, dass das Leben au
smacht.

 

Wer Grönemeyer auf Konzerten erlebt hat (wie ich Anfang August in Karlsruhe),
weiß, wie ansteckend seine Lebensbegeisterung ist.
Ein Abend mit ihm ist Empowerment pur mit guter Laune und starker Botschaft.
Die Füße tun danach weh vom Tanzen, die Stimme ist rauh vom Mitsingen,
aber alle sind glücklich. Sekundenglücklich.

 

Die Psalmen der Bibel kennen das nur zu gut.
Sie sind voll davon: von Jubel bis in die Haarspitzen,

von tiefster Ergriffenheit und überschwänglicher Freude.

 

Mein Herz und meine Seele sind fröhlich; auch mein Leib

Du tust mir kund den Weg zum Leben: Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne

So jubelt der 16. Psalm.

 

Und du? Jubelst du mit?

 

4.

Oder fällt es dir heute nicht leicht?

Vielleicht machen dir die Ergebnisse der Landtagswahlen vor zwei Wochen Sorge.

Und die bevorstehende Landtagswahl am kommenden Wochenende (22.9.) auch.

Mir geht es jedenfalls so.

Mich bedrückt insgesamt die politische Stimmung in unserem Land sehr.
Dieses Die da oben machen alles falsch. Und vielleicht stimmt davon vieles sogar.

Mich bedrückt es, dass immer mehr jesidische und iranische Geflüchtete abgeschoben werden, obwohl es in ihrer alten Heimat immer noch gefährlich für sie ist.

Ich sehe die Reflexe auf den grausamen Terrorakt in Solingen:
das Asylrecht wird in Frage gestellt und die Menschenwürde versinkt im Mittelmeer.

Ich mach mir Sorgen um meine Kirche:
schafft sie es, wirklich und ernsthaft, die sexualisierte und spirituelle Gewalt, die durch ihre Leute geschah und geschieht, aufzuarbeiten und anzugehen?
Und ich mach mir Sorgen um die vielen sehr belasteten Familien, um ihre Kinder:
sie stehen immer mehr unter Druck und haben Angst vor der Zukunft.

 

So wie Oma Karin: ihr Enkel Tom - wird er eine Schule finden, die zu ihm passt?
Kann er überhaupt mal so leben, dass er sich nicht verbiegen muss?
Wie kann sie seine Eltern noch besser unterstützen, auch wenn sie so weit weg wohnen?

 

All diese Gedanken hat Karin.
Dennoch ist sie in diesem einen Moment mit Tom glücklich.
Dieses Sekundenglück will sie wach halten. Sich daran erinnern.
Mit der Muschel z.B., die sie mit Tom gefunden hat.
Wenn sie diese in der Hand hält, riecht sie wieder die Ostsee.
Sie hört die Möwen und die Wellen. Sie fühlt den Arm von Tom um ihren Hals.
Ja, die Sorgen sind dann noch da, aber sie füllen sie nicht mehr allein aus.
Und sie weiß ganz genau: in diesem Sekundenglück mit Tom - da war auch Gott dabei.
Gott ist da und die Muschel in ihrer Hand erinnert sie auch daran.
Aber reicht das, wenn die Sorgen wieder Überhand gewinnen: ist Gott dann auch da?

 

5.

Ich habe den Herrn allezeit vor Augen - singt der 16. Psalm.

Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, du bist bei mir - diese Worte lese ist im 23. Psalm. 

Ja, unsere Psalmisten kennen nicht nur die freudigen und wonnigen Momente,
sondern auch die dunklen Täler, die Angst, die Verzweiflung.
Auch dann lassen sie Gott nicht los.
Du bist bei mir. Du musst bei mir sein. Gott, es ist deine Aufgabe!

Du wirst meine Seele nicht dem Tode lassen

und nicht zugeben, dass dein Heiliger die Grube sehe.

 

Wow, denke ich dann. So möchte ich auch mit Gott rechnen.
Im Guten wie im Schlechten.

Das Sekundenglück aus der Hand der Ewigen nehmen

und ihre Nähe spüren, wenn das Glück zerbricht.
Ich will in Gutem und Bösen, das mir geschieht, verbunden bleiben -
mit Gott, mit mir und mit meinen Lieben.

 

Denn ja, das ist das Leben, dass du, Gott, mir schenkst:
ein Leben voller Glückssekunden
und zugleich endlich, zerbrechlich, begrenzt.
Weil es so begrenzt und zerbrechlich ist,
sind die Glückssekunden um so wichtiger.
Das Sekundenglück trägt auch dann, wenn es nicht mehr da ist.
Weil du, Gott, immer noch da bist.

 

6.

„Und du denkst, dein Herz schwappt dir über

Fühlst dich vom Sentiment überschwemmt

Es sind die einzigartigen Tausendstel-Momente

Das ist, was man Sekundenglück nennt“

 

Sekundenglück, das trägt. Ob das geht?

Auf YouTube schreibt eine Sekundenglück-Hörerin:

Wir haben dieses Lied bei der Beerdigung meiner Mutter gespielt.
Eine Frau, die 2018, in dem Jahr, in dem das Lied ver
öffentlicht wurde, eine Krebsdiagnose bekam und 4 Jahre gegen diesen Krebs gekämpft und leider verloren hat.
Sie hatte es im Leben oft schwierig, da ihr Mann bereits 1992 starb
und sie nun mit 4 kleinen Kindern alleine war.
Trotzdem hat sie immer versucht, das Beste aus ihren schwierigen Situationen zu machen.
Auch im Kampf gegen den Krebs versuchte sie immer sch
öne Momente zu haben
und das Leben zu genießen. (…)
Ihre letzten Worte am Sterbebett waren: "Alles ist gut!“

 

Oma, I’m so happy!

Wenn die Sorgen um die junge Familie zu groß werden,
erinnert sich Karin an diesen Satz von Tom.
An seine Arme, an den Geruch vom Meer.
Sie erinnert sich daran, dass Gott in diesem Moment da ist
und darum auch da sein wird, wo es schwer ist.

Dieses Sekundenglück hilft ihr, nicht aufzugeben und der jungen Familie zu helfen.
Hilft mir, zu weiteren „I’m so happy“ beizutragen.

Dieses Sekundenglück hilft mir, mich weiterhin für die Menschenwürde einzusetzen
und für eine Kirche, die glaubwürdig ist.

 

Denn das Sekundenglück ist von Gott getragen.
So wie auch das zerbrochene Glück.

 

Ja, du bist da, Gott. Immer. Auch jetzt.

In diesem zerbrechlichen, endlichen Leben voller Sekundenglücksmomente.

Amen.

 

*)

Der Herr ist mein Gut und mein Teil;  du hältst mein Los in deinen Händen!

Das Los ist mir gefallen auf liebliches Land;  mir ist ein schönes Erbteil geworden.

 

Ich lobe den Herrn, der mich beraten hat; auch mahnt mich mein Herz des Nachts.

Ich habe den Herrn allezeit vor Augen; er steht mir zur Rechten, so wanke ich nicht.

Darum freut sich mein Herz, und meine Seele ist fröhlich; auch mein Leib wird sicher wohnen.
Denn du wirst meine Seele nicht dem Tode lassen
und nicht zugeben, dass dein Heiliger die Grube sehe.

 

Du tust mir kund den Weg zum Leben:
Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich.

Sonntag, 28. April 2024

Freiheit. Leben. Singen.

Vom Schilfmeer und einem Meer
aus Glas und Feuer.
Von Pessach, Toomaj Saleh
und Gospels.
Und vom Singen - gerade jetzt.

Eine Predigt zu Offenbarung 15, 2-4


1.
Lasst uns singen von der Freiheit.
Lasst uns singen vom Leben.
Lasst uns singen von Gott.

When Israel was in Egyptsland -
let my people go!

Lass mein Volk ziehen.
Lass es frei -
ruft Mose dem Pharao zu.

In diesen Tagen wird dies wieder gefeiert - in aller Welt.
Pessach - das jüdische Freiheitsfest. Let my people go!
Dieses Jahr mit einem besonderen Ton. Verzweifelt, klagend, weinend.
Mit Fotos von Romi, Noam und Nora, Alon, Evyatar und Carmen.
Let my people go! Lasst die Geiseln frei!
133 werden noch in der Hand der Hamas festgehalten.
Lasst sie frei - rufen die Israelis der Hamas zu.
Holt sie raus - rufen sie ihrer Regierung zu,
damit sie endlich einen Weg findet, die Geiseln zu retten.
Pessach - mit bitteren Kräutern, die an die Gefangenschaft erinnern,
mit Salzwasser für die vergossenen Tränen und mit Matzen
und am Ende beten die Lebenden für die Toten.
Dieses Jahr bleiben viele Stühle an den Tischen frei.
Let my people go!

Lasst uns singen von der Freiheit!
Sie ist bedroht wie nie.
Lasst uns singen für die Frauen im Iran,
die immer noch mutig auf die Straße gehen und ihre Haare zeigen, 
und für den iranischen Rapper Toomaj Saleh, der hingerichtet werden soll,
weil er regimekritische Songs veröffentlicht hat.
Er hat sich auch nicht einschüchtern lassen, als er gefoltert wurde.
Er singt und singt und singt. Und nun soll er deshalb ermordet werden.

Let my people go!
Verstummt nicht.
Singt mit erstickter Stimme. Mit einem Kloß im Hals.
Singt laut.

2.
Ich will singen von der Freiheit.
Will singen vom Leben. Und von Gott.

Im Buch der Offenbarung des Johannes lesen wir im 15. Kapitel:
Und ich sah, —
und es war wie ein gläsernes Meer, mit Feuer vermengt.
und die den Sieg behalten hatten über das Tier
und sein Bild und über die Zahl seines Namens,
die standen an dem gläsernen Meer
und hatten Gottes Harfen
und sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes,
und das Lied des Lammes:
Groß und wunderbar sind deine Werke,
Herr, allmächtiger Gott!
Gerecht und wahrhaftig sind deine Wege,
du König der Völker.
Wer sollte dich, Herr, nicht fürchten
und deinen Namen nicht preisen?
Denn du allein bist heilig!


3.
Ein Meer wie aus Glas, durchzuckt von gelegentlichen Blitzen und Feuern.
Ein Meer wie einst das Schilfmeer, deren Wellen wie eine Mauer stehen.
Aber jetzt verspricht es Ruhe. Klarheit und Wärme.
Und am Ufer dieses wundersamen Meeres stehen sie, die Überlebenden.
Und sie singen ein Lied vom Leben. Vom Überleben.

We shall over come….. some day….

Ja, da stehen sie, die das Böse überwunden haben.
Die Überlebenden.
Es sind die Guten, die zu Unrecht verurteilten
die, für die man nichts tun konnte, und alle, die jemals litten,
die zu früh gingen,
die erlebten, was sie nicht verdienten und was du keinem wünschst.
Es sind die vergewaltigten Frauen vom 7. Oktober und die weinenden Kinder im Gaza.
Es sind die Alexey Navalnys dieser Welt und die jesidischen Mädchen wie Nadia Murat.
Es sind junge Männer wie Yamil,
der mit 14 Jahren aus Syrien floh und sich im bulgarischen Gefängnis wiederfand.
Ganz allein.

Sie sind alle da - am gläsernen Meer.
Wie einst die Israeliten haben sie es geschafft.
Und es geht ihnen gut.
Hier am Meer aus Glas und Feuer, aus Klarheit und Wärme, ist alles vorbei.
Sie sitzen am Ufer, auf der Insel der Verbannten und sie singen ihr Lied.
Sie singen das Lied des Mose und des Lammes.
Das Lied des Helden und des Opfers. Das Lied der Sieger und der Besiegten.
Alles zugleich. Und in verschiedenen Sprachen.
Dieses Lied wird wohl fremd klingen und wundersam und seltsam.
Vielleicht wie Glas und Feuer.
Und ich weiß noch nichtmal, ob es Musik sein wird,
Musik in unserem Sinne. –
Oder ist es vielleicht dann einfach nur noch ein großes, weites Klingen –
ein Summen "wie im Himmel".
Ich weiß es nicht. Und das macht auch nichts.

Denn ich weiß:
Mit ihnen da am Meer werde ich einst das Lied vom Leben singen.
Mit euch und allen, die an diesem Ufer stehen und stehen werden.
Dann, am Ende, wenn es kein Dann mehr gibt.
Dann - wenn alles gut ist.
Wir werden singen für das Leben. Für das Überleben.
Jedes von uns mit seinem Lebensklang.
Helle und dunkle Geräusche.
Und da klingen vielleicht alle Töne zusammen:
Einer singt hell, eine andere spielt ein Instrument –
und noch eins schluchzt vielleicht noch und läßt einfach alles raus.

Aber es wird gut sein. Dann. Am Ende.
Ganz am Ende, wenn alles zu Ende ist. Wenn es kein Dann mehr gibt.
Dann singen wir alle zusammen am Meer aus Glas und Feuer von der Freiheit.
Und vom Leben. Und von Gott.

… oh deep in my heart, I do believe, that we shall over come some day….

4.
Aber jetzt ist es noch nicht gut. Jetzt ist noch nicht dieses Dann. Jetzt ist jetzt.
Jetzt sehe ich kein gläsernes Meer, sondern eine Welt, die ächzt und seufzt.
Da wird gelacht und gelitten. Da wird gejubelt und geweint und geheult.
Da wird sehr geliebt und fürchterlich gehasst.
Und wird umarmt und liebkost und geschlagen und gemordet.
Und manche weinen, und es werden Bäche und Ströme daraus,
die fließen ins Tränenmeer. Ein broken halleluja.

Hier in dieser Welt, hier im Jetzt, höre ich nicht nur Dank- oder Liebeslieder.
ich höre auch Hassgesänge und rohes Gebrüll.
Und ich bin ratlos, dass es immer leichter geht, die einen gegen die anderen aufzuhetzen.
Die leisen Stimmen werden übertönt von den listigen Wahrheitsverdrehern mit ihrem Lügen.
Und dann fühle ich mich manchmal wie ein Kind, das nicht mehr weiß, wo es hingehört.
Und kann nur noch stammeln:

Sometimes I feel like a motherless child…. a long way from home….

5.
Nein, ich lass mich nicht verstummen.
Und auch wenn die Stimme brüchig ist und auch wenn ich nur stammeln kann:
Ich will singen.
Ich will singen von der Freiheit.
Ich will singen vom Leben.
Und von Gott.

Ich will singen von einem Gott, der die Verfolgten beschützt und die Gedemütigten aufrichtet.
Ich will singen, dass Gott die Liebe ist und diese Liebe in die Herzen aller Menschen gepflanzt hat.
Ich will singen, dass Gott mich ermutigt da zu sein
und mich so geschaffen hat, wie ich bin,
und dass ich nicht besser oder klüger oder schneller sein muss, sondern Gottes geliebtes Kind bin.

Und ich singe das mit allen Songs, die mich begeistern.
Ob weltlich oder geistlich - das ist egal.
Ich will, dass das Leben in mir klingt und summt und brummt.

Mit den Gospels ziehe ich durch das Schilfmeer
und hoffe, dass die Wellen nicht über mir zusammenschlagen.
Mit Freddie Mercury weine ich um den bedrohten Jungen aus der "Bohemien Rhapsodie".
Ich lobe "den Herrn dort droben" mit Paul Gerhardt
und bitte um die Freiheit der iranischen Frauen mit "Baraye Azadi".
"Where is the love" frage ich mit Black Eyed Peas,
danke Gott für den guten Morgen und jeden neuen Tag
und singe den einen letzten Song, "One last song" mit Lord of the Lost.
Alles das gehört zusammen.
Und alles das verbindet mich mit euch und so vielen Menschen,
von denen ich viele kenne und die meisten nicht.

Und Gott? Gott singt und klingt in uns:
rauh und geschmeidig, hoch und tief und schräg und harmonisch.
Wild und leise, Geistlich und weltlich.
Alles zusammen. Denn so ist die Welt. Voller Klang. Und so ist Gott.

6.
Darum lasst uns singen.
Lasst uns singen von der Freiheit.
Lasst uns singen vom Leben. Und vom Überleben.
Lasst uns singen von Gott.
Und wenn die Stimme nicht singen kann, schwingt vielleicht immer noch das Herz mit.

Lasst uns singen mit den jüdischen Geschwistern:
Let my people go!
  Lasst die Geiseln frei.
Lasst uns singen mit Toomaj Saleh, dem iranischen Rapper, um sein Leben.
Lasst uns singen für die Toten in der Ukraine und in Gaza,
Für die, die wir vermissen und um die wir auch hier trauern.
We shall live in peace some day.
Lasst uns singen von Gott, die uns Töne und Klänge und Stimmen und Instrumente schenkt.
Von einem Gott, der uns aus der Gefangenschaft in die Freiheit führt.
Und uns dann, wenn es so weit ist, alle zusammenführen wird
- Juden, Musliminnen, Christinnen und Atheisten -
uns alle wird er zusammenführen an einem Meer aus Glas und Feuer,
und das Böse wird nicht mehr sein. Nie wieder.
We shall live in peace someday

Ja, lasst uns singen von Freiheit
und vom Leben
und von Gott.
Und vom Frieden,
der höher ist als all unsere Vernunft.
Er bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.



Montag, 8. April 2024

Ein Mehr an Leben - oder was Billy Elliot, Jack, Thomas und Jesus verbindet....


Predigt zu Johannes 20, 19-21.24-29

Es war Abend geworden an diesem ersten Wochentag nach dem Sabbat.

Die Jünger waren beieinander und hatten die Türen fest verschlossen.

Denn sie hatten Angst vor den Behörden.

Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Friede sei mit euch!«

Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.

Die Jünger freuten sich sehr, als sie den Herrn sahen.

 

Thomas, der auch Zwilling genannt wird, gehörte zum Kreis der Zwölf.

Er war nicht bei ihnen gewesen, als Jesus gekommen war.

Die anderen Jünger berichteten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!«

Er entgegnete ihnen:

»Erst will ich selbst die Wunden von den Nägeln an seinen Händen sehen.

Mit meinem Finger will ich sie fühlen.

Und ich will meine Hand in die Wunde an seiner Seite legen.

Sonst kann ich das nicht glauben!«

 

Acht Tage später waren die Jünger wieder beieinander.

Diesmal war Thomas bei ihnen.

Wieder waren die Türen verschlossen.

Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Friede sei mit euch!«

Dann sagte er zu Thomas:

»Leg deinen Finger hierher und sieh meine Hände an.

Streck deine Hand aus und leg sie in die Wunde an meiner Seite.

Sei nicht länger ungläubig, sondern komm zum Glauben!«

Thomas antwortete: »Mein Herr und mein Gott!«

Da sagte Jesus zu ihm: »Du glaubst, weil du mich gesehen hast.

Glückselig sind die, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!«


1.    Jack kann es nicht glauben
 
Jack kann es nicht glauben.
Sein Sohn Billy, 11 Jahre alt, will Balletttänzer werden!
Alle Männer der Familie Elliot haben boxen gelernt. Die Zeiten sind hart. In den 80er toben die Arbeitskämpfe in Durham. Die Zechen sollen geschlossen werden. Sie haben Angst um ihre Arbeitsplätze. Und darum streiken sie und haben eigentlich nichts, außer ein paar Cent.
Aber boxen – das soll jeder Junge können. Schließlich wird einem nichts geschenkt und dann muss man sich wenigstens wehren können. Also geben die Väter von Durham ihre letzten 50 Cent, damit ihre Söhne in der Boxhalle trainieren können, so wie sie früher.
 
Eines Tages kommt Mrs Wilkinson, die Balletlehrerin, zu Jack und schlägt ihm vor, Billy auf die Royal Ballet School zu schicken. Billy hatte schon eine Weile bei ihr gelernt, ohne dass Jack es wusste.

Jack ist fassungslos.
Während Billys großer Bruder Tony von der Polizei zusammenschlagen wird, lernt Billy ausgerechnet: tanzen. Heimlich. Statt zu boxen. "Du hast dich um Grandma zu kümmern, während wir kämpfen!" - brüllt Jack seinen Sohn an. Und er tobt und schlägt um sich und seine Fäuste treffen Billy.
 
Jack kann nicht glauben, dass Billy ein Tänzer ist. Es passt nicht in sein Bild von Billy,
es passt nicht zu dem, was sie als Familie durchmachen.
Es passt nicht dazu, dass sie das von der toten Mutter geerbten Klavier zerhacken müssen, um Brennholz zu haben. Es passt nicht zur Brutalität der Polizei und nicht zur Dunkelheit der Zechen. Es passt nicht zum Ruß, der über Durham liegt, und den Schnee in ein matschiges Grau verwandelt. (1)
 
2.    Thomas kann es nicht glauben
 
Thomas kann es nicht glauben.
Jesus, der Freund, der Lehrer, soll leben. Die anderen Jünger und Jüngerinnen haben ihn angeblich gesehen. Der so elend am Kreuz starb und das vor allen Augen – der soll leben? Und er wurde doch dann in das Grab von Josef von Arimathäus gelegt… Das passt nicht.
Es passt nicht in die Welt, die Thomas kennt. Es passt nicht zum unerbittlichen Handeln der römischen Soldaten. Es passt nicht zum Blut, zum Schmerz, zum Grau der Tage. Nicht zu den enttäuschten Gesichtern derer, die gehofft hatten, dass nun endlich alles anders wird. Und immer noch verkriechen sie sich hinter dicken Mauern.
Dass Jesus leben soll, das passt nicht zu den Tränen der Frauen, die die ganze Zeit unter dem Kreuz waren. Nicht zu der Angst, die die Jesus-Freunde immer noch haben - dass es auch sie treffen könnte.
Thomas ist kein Ungläubiger, auch wenn er oft so genannt wird. Aber er ist auch kein Leichtgläubiger, kann nicht einfach so glauben, was seine Freunde ihm erzählen.
 
Ich verstehe Thomas gut.
Jesus lebt? Da müsste doch die Welt auf dem Kopf stehen, alles anders sein.
Die Angst verflogen - alle Türen offen. Die Tränen getrocknet. Kein Tod mehr. Kein Leid mehr.
Aber die Welt ist weiterhin wie sie ist. Die Türen sind und bleiben verschlossen.
Wieso merke ich nichts davon, dass Jesus lebt?
 
3.    Thomas begreift
 
Und plötzlich ist er da, der Auferstandene.
Steht vor Thomas - so wie 8 Tage vorher bei den anderen. Steht vor ihm - offensichtlich können Mauern und verschlossene Türen ihn nicht draußen halten. Es gibt keine Grenzen mehr, kein drinnen und draußen, Himmel und Erde verschwimmen. Wunden und Wunder gehen ineinander über. Die Schwelle zwischen Tod und Leben überschritten. Die Welt, wie Thomas sie kannte, bröckelt.

Aber es reicht noch nicht. „Erst will ich selbst die Löcher von den Nägeln an seinen Händen sehen. Mit meinem Finger will ich sie fühlen. Und ich will meine Hand in die Wunde an seiner Seite legen.“
Zeigt mir seine Narben, sagt Thomas zu den anderen. Lasst mich begreifen, was geschehen ist.
Lasst es mich spüren. Berühren. Fleisch und Blut, Haut und Haar.
Kein Geist. Sondern Mensch. Der Mensch Jesus.
 
Und Jesus lässt es zu. Er zeigt Thomas seine Narben. Und das genügt.
Jesus zeigt sich ungeschützt, mit all den Spuren, die das Leben und der Tod hinterlassen haben.
Zeigt sich, wie er ist. Unverstellt. Echt.
Und das lässt Thomas glauben.
Jesus ist kein Geist, der mit ihm nichts zu tun hat.
Sondern vielleicht sogar mehr Mensch denn je und damit ganz nah.
 
4.    Jack begreift
 
Und plötzlich ist er da. Billy, der 11jährige Junge, steht in der Boxerhalle vor seinem Vater. Beide haben nicht damit gerechnet, dass sie sich hier treffen. Draußen und drinnen verschwimmen. Sie sind erschrocken. Wird der Vater wieder prügeln?
 
Billy fängt an zu tanzen. Alles lässt er raus - seine Wut, seine Trauer, seine Angst, seine Tränen.
Er tanzt wie noch nie. Und Jack begreift auf einmal, wen er da vor sich hat.
Es ist Billy, den er doch von klein auf kennt und liebt und den er doch nun zum ersten Mal richtig sieht.
Mit seinen Narben auf der Seele und seiner Wut im Bauch. Er lässt sich berühren, obwohl er nur zuschaut.
Denn Billy hat sich gezeigt. Ohne Mauern. Ohne Panzer. Ungeschützt, unverstellt, echt.
 
5.    Ein Mehr an Leben
 
Damit ist der Damm gebrochen. Jack erkennt, was Billy braucht.
Und für die ganze Familie beginnt ein neues Leben.
Immer noch voller Tränen und Zweifel. Nicht wissend, ob Billy es schaffen wird.
Sie gehören zusammen und niemand kann sie auseinander treiben, noch nicht mal das Grau in Grau von Durham oder die gnadenlose Dunkelheit der Zechen.
Billy wird ein großer Tänzer, der die Herzen berührt und seinem Vater die Tränen in die Augen treibt.
Ja, sie beginnen zu glauben, dass es mehr gibt. Ein Mehr an Leben.
Und obwohl so viel dagegen spricht: das Leben lohnt sich und hat alle Liebe verdient.
 
Ein Mehr an Leben….
Auch Thomas beginnt zu glauben. Mein Herr und mein Gott - mehr kann ein Mensch nicht bekennen, wenn er Jesus begegnet.

Mit seiner Geschichte macht er zahllosen anderen Mut.
Mir jedenfalls ist Thomas sehr nahe.
Wenn ich mich nicht einfach vertrösten lassen will, habe ich Thomas an meiner Seite.
Wenn ich mich danach sehne, Jesus begreifen zu können, bin ich in den Spuren von Thomas.
Wie er will ich mich berühren lassen und will berühren.
Wie er brauche ich diesen lebendigen Jesus, der mir seine Narben zeigt.
Dieser Jesus ermutigt mich dazu, selber meine Narben offenzulegen, echt zu sein, mich nicht zu verstellen. Auf Tuchfühlung zu gehen mit Menschen, die mich lieben und die ich liebe.
Unsere Welt braucht es, dass die Grenzen zwischen Himmel und Erde, zwischen Tod und Leben fallen.
Ein Mehr an Leben – und es lohnt sich, obwohl so viel dagegen spricht.
Und ich möchte glauben, dass dies geschieht.
 
6.    Ich glaube
 
Ich kann es glauben.
Ich glaube, dass ein boxender Junge Tänzer wird.
Ich möchte glauben, dass jeder Mensch frei leben kann – echt und unverstellt. 
Ich klammere mich daran, dass das eines Tages geschieht.
 
Das Holz vom Klavier wird nicht zum Heizen gebraucht, sondern lässt Musik erklingen.
Die Arbeit laugt die Menschen nicht mehr aus.
Und alle tanzen auf der Straße mit Boxerstiefeln und Ballettschuhen.
 
Ich will glauben, dass die Welt nicht so bleiben muss, wie sie ist.
Ich möchte glauben, dass ein machtbesessener Präsident nicht einfach einen Krieg anzetteln kann,
sondern Parlament und Ministerinnen ihn stoppen.
Ich möchte glauben, dass die Welt nicht auf eine Terroristenbande wie die Hamas hört,
sondern auf die misshandelten jungen Frauen, die einfach nur tanzen wollten.
Ich klammere mich daran, dass das eines Tages geschieht.
 
Und ich spüre meine Narben und sehe deine Wunden.Und ich glaube, dass das wichtig ist.
Wir begreifen, dass wir Gottes Kinder sind und unser Leben hat alle Liebe verdient.

Lahme gehen, Blinde sehen, Tote stehen auf.
Und ja, Gottes Liebe zum Leben ist stärker als alles andere.
Das glaube ich.
Und das hoffe ich – mit Billy und Jack und mit Thomas.
Amen.

(1) Billy Elliot - I will dance. Aus dem Jahr 2000. Absolut empfehlenswert!
https://de.wikipedia.org/wiki/Billy_Elliot_%E2%80%93_I_Will_Dance