Predigt zu 1.Petrus 1,3-9
Mit riesengroßem Dank an Bärbel Greiler-Unrath und Friederike Goedicke, deren Worte ich weiterstricken durfte. So ist ein neuer Mix entstanden. Echte Predigtwerkstatt.
I. (Guter Hoffnung sein)
Wenn ein Kind unterwegs ist, dann sagte man früher:
„Ich bin guter Hoffnung“.
Weil man wusste: Da kommt was Gutes. Was Neues.
Nach den Wehen schreit ein neues Leben.
Schwelle zwischen Leben und Tod und Leben.
Auch heute noch ist dieser Übergang ins Leben voller Schmerzen -
mit einem gewissen Risiko verbunden, auch wenn die moderne Medizin Sicherheit verspricht.
Wer geboren wird, muss durch einen dunklen Geburtskanal hindurch.
Erfährt Druck und Enge.
Ist das geschafft:
der erste Atemzug.
Der Beginn eines Lebens unter ganz anderen Voraussetzungen.
Abgeschnitten von der sicheren Versorgung.
Nun ist selber atmen angesagt.
Und noch blind sucht das Neugeborene nach Nahrung,
weiß noch nicht, wo die zu finden ist.
Ausgeliefert und noch hilflos ertastet sich das Kind den Weg ins Leben.
Neues, eben geborenes Leben.
II. (Behütetsein)
Und wenn Kinder dann größer und selbständiger werde, lernen sie Laufen.
Sie lernen, aufzustehen und sich der Schwerkraft zu widersetzen.
Beulen und Schrammen bleiben dabei nicht aus.
Und manchmal tut es richtig weh.
Wenn Kinder laufen lernen, dann ist da die Hand, die festhält und loslässt und wieder auffängt.
Kein Kind überlegt sich das beim Üben: Ist Mama, ist Papa da oder nicht?
Kann ich jetzt loslaufen? Ist die Treppe zu steil für mich oder geht das gut?
Kinder machen das einfach und vertrauen darauf, dass die Hand da ist, wenn sie eine brauchen.
Zum Auffangen und festhalten und getröstet werden.
III. (Nicht sehen können)
Blind nach dem Neuen tasten.
Nicht sehen können, ob es wirklich der richtige Weg ist.
Und trotzdem gehen. Trotzdem tasten. Trotzdem vertrauen. Trotzdem hoffen.
Thomas, einer der Freunde von Jesus, kann das noch nicht (1).
Nicht wirklich.
Was geschehen war, steckt noch in den Knochen.
Wer kann das schon begreifen?
Eine Achterbahnfahrt war das.
Hinauf nach Jerusalem, die Verheißung erfüllen.
Einmal noch miteinander essen.
Versprechen - gebrochen. Verraten. Verhaftet. Vorgeführt.
Der Weg zum Kreuz. Tief hinunter.
Am Ende, allein. Allein unter Menschen, allein am Kreuz.
Warum hast du mich verlassen? Warum nur, warum?
Da bleiben, aushalten.
Und dann: Anlauf nehmen, beim ersten Licht.
Eine kleine Weile ist erst vergangen.
3 Tage.
3 Tage und eine kleine Ewigkeit.
Zeit zum wundern, hinsehen, fragen.
IV. (Nicht begreifen)
Jesus lebt. Sagen sie.
Die eine erzählt von Gärtner - vom beim Namen gerufen werden.
Seiner allerbesten Freundin, hat er sich gezeigt.
Noli me tangere - Rühr mich nicht an.
Maria Magdalena darf ihn nicht anfassen.
Du kannst mich nicht halten in dieser Welt, scheint er zu sagen.
Lass mich gehen, bitte. Meine Liebe bleibt doch.
Thomas hingegen, nur kurze Zeit später, darf ihn berühren.
Jesus hält ihm seine Hände hin.
Da – wenn du es brauchst, um zu glauben, dass ich es bin.
Nimm meine Hände.
Glaube - mit und ohne anfassen.
Beides mutig –
beim einen die Frage, die Offenheit des Zweifels.
Bei den anderen das Vorschussvertrauen.
Mutig glauben - mit und ohne Anfassen.
Und losgehen - Ja, er lebt! Und du auch.
V. (Selig Glauben)
Selig, sind, die nicht sehen und doch glauben! (2)
Klare Worte zum Abschied - für die voller Zweifel.
Und für die, die sehen, hören, spüren und riechen wollen, dass der Tod wirklich entmachtet ist.
Für die eine, die Angst vor der Nacht hat und vor den Albträumen, die dann kommen.
Für den einen, dessen Hoffnung auf ein gutes Leben wie Sand zwischen den Fingern zerrinnt
und am Ende bleibt nichts als Angst und Not und Tränen.
Für die vielen, die in Sri Lanka und jetzt auch in Powack ihre Liebsten verloren haben,
weil der Hass in einigen Menschen zu groß war.
Für den einen, der in der Abschiebehaft sitzt, obwohl er nichts getan hat.
Und obwohl er endlich einen Job hatte, wird er nun abgeschoben.
Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!
Ein Vermächtnis.
Ein Vermächtnis für Maria und Johannes, Salome, Petrus und Jakobus,
Bartolomäus
und alle anderen.
Ein Vermächtnis für diejenigen, die Jesus nie gesehen haben.
Für die Zweifler wie Thomas. Für mich. Für dich.
Für die, die dennoch leben wollen und hoffen bis zum Schluss.
VI. (Petrusbrief)
An sie, an uns alle ist ein Brief überliefert,
der im Laufe der Geschichte dem Apostel Petrus zugeschrieben wurde.
Er schreibt:
Gelobt sei Gott, Ursprung von Jesus Christus, zu dem wir gehören.
Gott hat großes Mitleid gehabt und uns wiedergeboren,
so dass Hoffnung in uns lebendig geworden ist,
weil Jesus Christus von den Toten aufgestanden ist.
Wir hoffen, dass wir etwas erben werden, das nie vergeht,
das ohne Fehler ist und nicht verwelkt.
Es wird in den Himmeln für uns aufbewahrt,
für uns, die wir behütet werden von Gottes Kraft,
weil wir an die Rettung glauben,
die darauf wartet, am Ende der Zeit für alle offen gelegt zu werden.
Deshalb könnt ihr euch freuen,
obwohl ihr jetzt, wenn es denn sein muss, verschiedenartige Prüfungen durchsteht.
(…)
Auch wenn ihr ihn nicht gesehen habt, liebt ihr ihn.
Obwohl ihr den, dem ihr vertraut, jetzt nicht seht, jubelt ihr mit einer Freude,
die nicht mit Worten ausgedrückt werden kann, die im Glanz strahlt,
denn ihr erreicht das Ziel eures Glaubens: euer Leben wird gerettet. (3)
VII. (Neugeburt)
Guter Hoffnung sein, weil etwas Neues beginnt.
Der Weg dorthin ist ein dunkler Geburtskanal. Da musst du durch.
Und es geht nicht ohne Schmerz und Angst. Es geht nicht ohne das Ausgesetzt sein.
Ohne nicht-sehen und nicht-verstehen.
Nicht ohne das Gefühl, alleine gelassen, verlassen zu sein.
Und doch atmest du,
du atmest, obwohl du nicht weißt, wie das geht.
Du bist da,
du bist da, obwohl du nicht weißt, wie du hierher gekommen bist.
Und bist abgenabelt und suchst tastend nach dem, was dich hält.
Nach dem, der dich hält. Und er ist da.
Wir werden behütet von der Gottes Kraft,
weil wir an die Rettung glauben.
Da ist eine Hand, die du ergreifst, ohne hinzusehen.
Durchatmen und dann wieder neu laufen lernen.
Schritt für Schritt Dinge tun, für die bisher die Kraft gefehlt hat.
Hinfallen, aufstehen. Weitergehen. Anders als vorher.
Die Schwerkraft ist da. Der Schmerz auch. Und der Auferstandene.
Neu gehen. Das Tor durchschreiten. Den Geburtskanal.
Die Angst. Die Hoffnungslosigkeit hinter dir lassen.
Und endlich sehen, was jetzt noch nicht zu sehen ist.
Glauben mit Anfassen.
VIII. (Gerettetsein)
Wie oft kann ein Mensch zu hoffen, obwohl alles dagegen spricht?
Wir oft erträgt es einer, geboren zu werden,
durch die Hölle zu gehen, Schmerz zu ertragen an Leib und Seele?
Wie lange kann man glauben ohne Anfassen, ohne Sehen, ohne Begreifen?
Und das Leben leben - neu und zerbrechlich und endlich?
Leben als Achterbahn.
Am Ende bleibt die Frage,
warum das überhaupt alles einen Sinn macht
mit dem Vertrauen auf diesen unsichtbaren Gott.
Ihr erreicht das Ziel eures Glaubens:
euer Leben wird gerettet.
Es gibt ein Ziel.
Bis dahin ist dein Leben wie Geborenwerden
und Laufen lernen und durch die Hölle gehen.
Und immer wieder von vorn anfangen.
Voller Vertrauen und Hoffnung, dass am Ende alles gut sein wird.
Jesus nimmt dich mit. Greift deine Hand und zieht dich mit.
An den tanzenden Bettlern und Lahmen vorbei,
dorthin wo Bäume blühen und Blumen.
Wo Gott dir erklärt, wie alles wirklich ist.
Wo du dann selig bist, weil du siehst.
Und wo du glaubst. und jubelst
mit einer Freude, die nicht mit Worten ausgedrückt werden kann.
Amen.
Danach Lied: Wir haben Gottes Spuren festgestellt
(1) Siehe Johannes 20, 19 - 29
(2) Johannes 20,29
(3) 1. Petrus 1,3-9 Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
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