Sonntag, 28. Februar 2016

Der Duft der Liebe und der schlechte Geruch des Hasses

Predigt zu Epheser 5

I.
Aus dem Brief an die Gemeinde in Ephesus:

So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder
und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat
und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer,
Gott zu einem lieblichen Geruch.
(Epheser 5)

Lebt in der Liebe. Wie ein schöner Duft für Gott.

Welcher Duft weht wohl durch den Tempel
als die alte Witwe ihn betritt?
(aus der Lesung Markus 12,41-44)
Sie holt die 2 Münzen heraus, dieses kleine Etwas
und legt sie in den Opferkasten.
Ihre Kleider sind zerschlissen
viel zu oft gewaschen,
vielleicht muffeln sie auch,
die Farbe ist schon draußen
und die Flicken ganz schrumpelig wie ihre Haut.
Unscheinbar sind die Münzen
und doch liegt ihr ganzen Herz in ihnen,
denn mehr hat sie nicht.
Aber das ist so viel.
 Lebt in der Liebe.
Wie ein schöner Duft von Gott.

Welcher Duft weht wohl durch das Haus einer Kollegin von mir?
(Hommage an Bettina Schlauraff - vermutlich sind nicht alle Angaben richtig, weil ich nur aus der Erinnerung geschrieben habe)
Da wohnt in einem Stockwerk 1 syrische Familie
und mit ihnen 2 junge Männer, Omar und Mohammed.
Da weht der Duft nach Koriander und Thymian und Gebackenem,
aber auch der Duft der Tränen durch das Haus..
Die Angst um die in Aleppo-Gebliebenen.

Doch dann sitzen sie beieinander:
der kleine Sohn der Pfarrerin und der 10jährige von der syrischen Familie.
Und sie bauen eine neue Stadt - gemeinsam.
Der Duft ihrer klebrigen Hände
und ihrer fröhlichen Augen
und von der Schokolade,
die sie sich immer wieder in den Mund schieben.

Und die Pfarrerin setzt sich auf die Bank zu Mohammed,
der auf das Foto in seiner Hand starrt.
Und sie hört ihm zu und gibt ihm ein Taschentuch
und nimmt ihn in den Arm.
Ein warmer Duft nach Liebe.
Lebt in der Liebe.
Wie ein schöner Duft von Gott.

II.
Welcher Duft wehte durch Ephesus?
Eine der größten Städte des römischen Reiches.
Mit einer riesigen Marktbasilika zu Ehren des Augustus.
Es war eine saubere Stadt, sagt man.
Reich und wohlhabend.
Auf Reinlichkeit legte man großen Wert.
Es gab große berühmte Bäder.
Der Duft der wohlriechenden Öle weht durch Ephesus.
Aber haben sie auch in der Liebe gelebt?

Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht
soll bei euch nicht einmal die Rede sein,
wie es sich für die Heiligen gehört.
Auch schandbare und närrische oder lose Reden stehen euch nicht an,
sondern vielmehr Danksagung. (Epheser 5)

III.
Ein schlechter Duft wehte durch die Straßen von Ephesus.
Da nützten auch die großen Bäder nichts.
Und auch nicht die wohlriechenden Öle.
Sklavinnen wurden ausgebeutet.
Sie hatten keine Chance, sich zu wehren gegen ihre Herren,
hatten in jeder Hinsicht zu dienen - auch im Bett.
Auch die Christen verdienten ganz gut daran,
am Sklavenverkauf
oder am Verkauf von Amuletten.
Und man redete mehr übereinander als miteinander.
Machte die anderen schlecht, damit man selber besser dastand.

Ein schlechter Geruch weht durch unsere Straßen.
Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden.
Aber auch die alltägliche Gewalt im Kleinen.
Der anzügliche Blick von oben nach unten.
Im Aufzug.
Die Hand auf dem Hintern.
Das Plakat, das für die feuchten Täler des Schwarzwalds mit einer nackten Frau wirbt.
Die Tuningmesse, die nicht ohne sich räkelnde Mädchen auskommt.
Und in Köln wehte in der Silvesternacht der Geruch der Angst und der Scham.
Wir sind aufmerksam geworden seit dem.
Passen auf. Zeigen an. Achten mehr darauf.
Das ist gut.
Wenn da nicht das schandbare, närrische und lose Reden wäre.
Dass nun "alle Nordafrikaner" so seien.
Und alle Flüchtlinge.
Aber die Deutschen nicht.
Der Geruch der Überheblichkeit.
Der Geruch der Vorverurteilung.
Der Geruch des Hasses.

Ja, er weht durch unsere Straßen, der Geruch des Hasses,
der üble Geruch.
Er lässt Menschen nach Bürgerwehren rufen.
Er wirft in Moscheebaustellen tote Schweine.
Er macht Flüchtlingskindern in ankommenden Bussen Angst.
Er beschimpft die Bundeskanzlerin als Diktatorin.
Er schießt auf Flüchtlingsunterkünfte.
Und er will heute mittag um 12 Uhr auf dem Marktplatz gegen Flüchtlinge hetzen.
(Der rechtsextreme "Arminiusbund" hatte eine Demo angekündigt)
Das ist nicht der Duft von Gott.

IV.
Denn das sollt ihr wissen,
dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger
– das sind Götzendiener –
ein Erbteil hat im Reich Christi und Gottes.
Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten;
denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes
über die Kinder des Ungehorsams.
Darum seid nicht ihre Mitgenossen. (Epheser 5)

Was ist dein Duft?
Welchem Duft folgst du?
Von welchem Duft lässt du dich leiten?

Ich kann den Duft eurer Brandopfer nicht mehr riechen,
schleudert Amos der Oberschicht Israels entgegen.
Auch in unserem Land wird neu geopfert
auf dem Altar der leeren Versprechungen.
Da werden die Rechte von fliehenden Menschen geopfert.
Da wird das Wissen geopfert, dass Familien zusammengehören,
auch wenn sie aus fremden Ländern gehören.
Da wird der Respekt geopfert - auch von Christen,
wenn sie andere beschimpfen als Gutmenschen.
Wenn sie die Welt in schwarz und weiß einteilen,
in deutsche und nicht-deutsche,
in Richtig-Liebende und Falsch-Liebende,
in Gläubige und Ungläubige,
und Hauptsache, du bist auf der richtigen Seite.
Die Verführung der leeren Worte, auch in einer Partei, die Angst schürt.
Und da wird auf dem Wartberg das Gedenken der Bombentoten geopfert
für unversöhnlichen Hass. (23. Februar)
Aber Gott will diese Opfer nicht.

Er will keine Opfer, wo es den Opfernden nur um sich selber geht.
Er will keine Opfer, wo andere instrumentalisiert werden.
Er will keine Opfer, mit denen uns Angst gemacht wird.
Er will keine Opfer, die wir brauchen, damit es uns - und zwar nur uns - besser geht.
Vermeintlich besser.
Gott will diese Opfer nicht.
Er wird selber zum Opfer.
Und lebt die Liebe.

V.
Mit seinem Duft verführt dich Gott zur Liebe.
Es ist der Duft der armen Witwe, die ihren letzten Penny gibt;
der Duft der Hände, die Brote aus ihren Taschen holen und mit 5000 Menschen teilen.
Es ist der Duft des Salböls, das die Sünderin über den Kopf von Jesus ausschüttet;
der Duft des Wassers, mit dem Jesus die Füße seiner Freunde und Freundinnen wäscht.
Es ist der Duft des Samariters, der den unter die Räuber gefallenen pflegt;
und der Duft der weinenden Frauen, die zum Grab Jesu gehen.

Ja, ein verführerischer Duft.
Es ist der Duft der Liebe zum Leben.
Der Duft des Lichts.

VI.
Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten;
denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes
über die Kinder des Ungehorsams.
Darum seid nicht ihre Mitgenossen.
Denn ihr wart früher Finsternis;
nun aber seid ihr Licht in dem Herrn.
Lebt als Kinder des Lichts. (Epheser 5)

Lebe als Kind des Lichts.
Lebe mit dem Duft Gottes.
Lass dich von dem Duft seiner Liebe verführen
statt von leeren Worten des Hasses.

Hol das Brot aus deiner Tasche und teile es.
Oder den kleinen Penny.
Verbinde den Unter-die-Räuber-gefallenen
oder backe für den alten Mann von nebenan einen Kuchen.
Widersprich, wenn einer gegen Fremde hetzt
oder eine Frau dumm anmacht.
Tröste das weinende Kind,
hilf einem Fremden, eine Fahrkarte zu kaufen.
Denn du bist geliebt.
Geliebt von Gott.

Ja, du - Kind des Lichts.
Heller als jede Dunkelheit.
Stärker als jeder Hass.
Tiefer als jedes Opfer.
Ein Duft, der die Welt erfüllt.
Und durch alle Ritzen dringt.
Auch dorthin, wo es immer noch dunkel und muffig ist.

Vielleicht ist das nicht mehr als 1 Penny,
aber es genügt.
Lebe in der Liebe.
Wie ein schöner Duft von Gott.

Amen.

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